KPdSU (1965)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1966 1969 1975 1979
Abk. für kommun. Partei der SU. Entstand 1903 aus der Spaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands in eine radikale Mehrheit (Bolschewiki) und eine gemäßigtere Minderheit (Menschewiki). Endgültig wurde die Partei unter der Führung Lenins 1912 auf der Prager Parteikonferenz auch organisatorisch von den Menschewiki getrennt und als selbständige SDAPR (B) formiert. Bis zur Februarrevolution 1917 arbeitete die Partei illegal. Nach dem Sturz des Zaren durch die bürgerliche Revolution waren bei der Überleitung von der bürgerlichen in die proletarische Revolution die Bolschewiki als straff organisierte „Vorhut der Arbeiterklasse“ maßgeblich beteiligt. Die revolutionäre Machtübernahme mit dem Ziel der Diktatur des Proletariats erfolgte im Okt. 1917. Nach Lenins Tod 1924 riß Stalin die Führung an sich und beseitigte seine Gegner (Trotzki, Bucharin, Sinowjew, Kamenjew u.a.). Seit dem XIV. Parteitag 1925 trug die bolschewistische Partei den Namen KPdSU (B); seit dem XIX. Parteitag im Okt. 1952 KPdSU. Die entscheidenden Führungsgremien sind das Sekretariat des ZK und das Präsidium des ZK. Dem Sekretariat gehörten seit Chruschtschows Sturz (Okt. 1964) folgende Funktionäre an: Breschnjew, Podgorny, Suslow, Schwernik, Koslow, Andropow, Poljakow, Rudakow, Iljitschow, Schelepin, Ponomarjow, Demitschew, Titow. Vollmitgl. d. Präsidiums (Okt. 1964): Breschnjew, Kossygin, Mikojan, Suslow, Podgorny, Poljanskij, Kirilenko, Woronow, Schwernik, Koslow. Außerdem gehörten dem Präsidium sechs Kandidaten an: Grischin, Masurow, Mschawanadse, Raschidow, Jefremow sowie Schelest.
Seit Mitte November 1964 umfaßt das Präsidium der KPdSU folgende Vollmitglieder: Breschnjew, Kossygin, Mikojan, Suslow, Podgorny, Poljanskij, Kirilenko, Woronow, Schwernik, Schelest und Scheljepin. Kandidaten des Präsidiums sind: Grischin, Raschidow, Masurow, Mschawanadse, Jefremow, Demitschew. Dem Sekretariat des Zentralkomitees der KPdSU gehören an: Breschnjew, Podgorny, Suslow, Scheljepin, Demitschew, Andropow, Ponomarjow, Rudakow, Iljitschow und Titow. Seit Stalins Tod wurden aus der Parteiführung ausgeschaltet: Berija, Malenkow, Molotow, Kaganowitsch, Schepilow, Shukow, Bulganin, Woroschilow, N. S. Chruschtschow u. a. Auf dem XXII. Parteitag beschuldigte Chruschtschow seine Widersacher Molotow, Malenkow, Kaganowitsch und andere alte Bolschewiki, die sich seit Stalins Tod gegen den jetzigen Ersten Sekretär gewandt hatten, an den Verbrechen der Stalin-Ära entscheidend mitbeteiligt zu sein (Entstalinisierung). Chruschtschow wurde nach seinem Sturz u.a. der Vorwurf des Personenkults gemacht. Die KPdSU kontrolliert das gesamte staatliche und wirtschaftliche Leben der SU. Zu den wichtigsten Forderungen an jedes Parteimitglied gehören: aktive Arbeit in der Organisation, bedingungslose Parteidisziplin, Kampf gegen jede Abweichung von der Generallinie, revolutionäre ➝Wachsamkeit, Kritik und Selbstkritik, Aneignung der bolschewistischen Theorie (Marxismus-Leninismus, Stalinismus). Mitgliederstand im Jan. 1959: 7.622.356 Mitgl. und 616.775 Kandidaten; Ende 1962 rd. 10 Mill. Mitgl. und Kandidaten. Wichtigste Etappen der Parteigeschichte seit 1917: 1919 Kriegskommunismus, 1921 Neue ökonomische Politik (NÖP), 1928 Erster Fünfjahrplan, 1930 Kollektivierung der Landwirtschaft, 1936 bis 1939 Periode der großen Säuberungen (ein großer Teil der politischen, wirtschaftlichen, militärischen und geistigen Elite wird auf Weisung Stalins liquidiert, darunter die neun außer Stalin noch lebenden Mitgl. des leninschen Politbüros, 98 von 139 Mitgl. des amtierenden ZK, die Mehrheit der ehemaligen ZK-Mitgl., 18 Minister, fast alle Vors. der Unionsrepubliken sowie zahlreiche führende Kommunisten des Auslands). Febr. 1956 XX. Parteitag: Verdammung Stalins, die auf dem XXII. Parteitag im Okt. 1961 fortgesetzt wurde, u. a. mit einem Beschluß, die Leiche Stalins aus dem bisherigen Lenin-Stalin-Mausoleum zu entfernen und zu Ehren der Opfer Stalins ein Denkmal zu errichten. Okt. 1964: Sturz Chruschtschows.
Über das Verhältnis der KPdSU zu den anderen kommun. Parteien: Komintern, Kominform, Warschauer Beistandspakt, Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, Sonderwege zum Sozialismus. Auf dem XXII. Parteitag traten zum erstenmal die schweren Meinungsverschiedenheiten zwischen der KPdSU und der KP Albaniens sowie der KP Chinas offen zutage. Die Delegierten nahmen ein neues Parteiprogramm an, mit dem der „Über[S. 232]gang zum Kommunismus“ proklamiert wurde. (Geschichte der ➝KPdSU)
Literaturangaben
- Meissner, Boris: Die Kommunistische Partei der Sowjetunion vor und nach dem Tode Stalins (Dok. u. Berichte des Europa-Archivs, Bd. 12). Frankfurt a. M. 1954, Institut für Europäische Politik und Wirtschaft. 104 S.
- Meissner, Boris: Das Ende des Stalin-Mythos — die Ergebnisse des XX. Parteikongresses der KPdSU (Dok. u. Berichte des Europa-Archivs, Bd. 13). Frankfurt a. M. 1956. 214 S.
- Rauch, Georg von: Geschichte des bolschewistischen Rußland. Wiesbaden 1955, Rheinische Verlagsanstalt. 570 S. mit 5 Karten.
- Scharndorff, Werner: Die Geschichte der KPdSU. München 1961, Olzog. 128 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 231–232