DDR von A-Z, Band 1965

Nationale Front (1965)

 

 

Siehe auch:


 

Gegr. am 7. 10. 1949, hervorgegangen aus dem Volkskongreß. Die NF. soll als „breiteste Massenbewegung“ auch die Teile der Bevölkerung politisch beeinflussen und aktivieren, die sich allen anderen Organisationen entziehen konnten. Ohne individuelle Mitgliedschaft baut sie ihre Organisation auf den Hausgemeinschaften und Wohngebietsausschüssen (Wohngebiete) auf und verfügt auf allen Ebenen des Systems über sog. Ausschüsse und Aktivs. Oberstes Organ ist nach dem Statut der Nationalrat. Präsident des Nationalrats: Prof. Erich ➝Correns. Der weitaus wichtigere hauptamtliche Apparat der NF. besteht überwiegend aus SED-Funktionären; Vors. des Büros des Präsidiums des Nationalrats: Horst ➝Brasch (SED).

 

Das Programm der NF. ist die allgemeinste Formulierung der SED-Politik und ist — als „genereller Volkswille“ verstanden — für alle anderen Parteien und die Massenorganisationen bindend. Zu seiner Verbreitung veranstaltet die NF. regelmäßige „Aufklärungseinsätze“ und unterhält eine Anzahl von Aufklärungslokalen (Agitation). Die NF. hat die früheren Aufgaben des „Demokratischen Blocks“ (Blockpolitik) übernommen. Sie stellt z. B. nominell die Einheitsliste für die Wahlen auf und benennt die Kandidaten für Richter- und Schöffenwahlen. (Rechtswesen)

 

Die ursprüngliche gesamtdeutsche Zielsetzung der NF., „Sammlung aller aufrechten Deutschen zum Kampf um die Einheit Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages“, ist zugunsten innerpolitischer Aufgaben seit 1955 mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Seit 1958 ist die NF. allerdings wieder verstärkt in die Infiltrationstätigkeit nach und in Westdeutschland und West-Berlin eingespannt. Sie arbeitet dabei streng nach den Weisungen des Politbüros und des ZK der SED. Leiter der Infiltrationstätigkeit innerhalb der NF. ist seit April 1959 Dr. Gerhard. Dengler (SED), stellv. Vors. des Büros des Präsidiums der NF. (Infiltration) Organisatorisch zuständig ist die Abt. für westdeutsche Verbindungen im Nationalrat der NF.

 

Im April 1962 wurde vom Nationalrat der NF. ein „Komitee zum Studium der gesellschaftlichen Verhältnisse in Westdeutschland und ihrer Veränderungen“ gegründet, das Propagandamaterial gegen die BRD ausarbeitet. Angeblich sollen diesem Komitee Vertreter aller Parteien in der SBZ und Personen aus der BRD angehören. Offiziell steht es unter der Leitung von Dr. Max ➝Suhrbier. Hier führt die NF. die Arbeit des Ausschusses für deutsche Einheit fort.

 

Literaturangaben

  • Friedrich, Gerd, und Heinrich von Zur Mühlen: Die Pankower Sowjetrepublik und der deutsche Westen (Rote Weißbücher 10). Köln 1953, Kiepenheuer und Witsch. 153 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 299


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.