DDR von A-Z, Band 1965

Produktionsprinzip (1965)

 

 

Siehe auch die Jahre 1963 1966 1969 1975 1979 1985


 

Auf dem VI. Parteitag der SED (Jan. 1963) beschlossenes neues „Prinzip der Parteiarbeit“: Die Tätigkeit der SED hat sich in allen Organisationsstufen ausschließlich auf die Produktion auszurichten. Von den Parteiorganisationen in den Staats- und Wirtschaftsorganen, „gesellschaftlichen Organisationen“, Betrieben und im Bildungswesen wird ebenfalls „die Konzentration ihrer Tätigkeit auf die schnelle Entfaltung aller Produktivkräfte“ verlangt.

 

Die Einführung des P. war mit umfassenden organisatorischen Veränderungen im Parteiapparat verbunden, insbesondere: 1. Zur Führung der Parteiarbeit in der Industrie und im Bauwesen wurde beim Politbüro der SED ein „Büro für Industrie und Bauwesen“ gebildet. 2. Zur Führung der Parteiarbeiten der Landwirtschaft wurde beim Politbüro ein „Büro für Landwirtschaft“ gebildet. 3. Bei den Bezirksleitungen der SED wurden ebenfalls je ein Büro für „Industrie und Bauwesen“ und für „Landwirtschaft“ gebildet. 4. Auch bei den Kreisleitungen der SED wurden die erwähnten Büros gebildet.

 

Die Einführung des P. steht in engem Zusammenhang mit den in der SU vorangegangenen entsprechenden Veränderungen nach der Liberman-Diskussion. Der von Wirtschaftswissenschaftlern und -Praktikern auch in der SBZ wiederholt erhobenen Forderung nach Änderung des Planungs- und Leitungssystems der Wirtschaft — die letztlich auf eine Stärkung der Rolle der Wirtschaftsfachleute hinausläuft — setzte die Ulbrichtgruppe die Praxis einer noch stärkeren Einflußnahme der Politfunktionäre in der Wirtschaft entgegen. Die SED-Führung richtete an alle Politfunktionäre die Aufforderung, „sich zu guten Fachleuten der Wirtschaft zu entwickeln, die außer guter Sachkunde zugleich den Marxismus-Leninismus beherrschen“. Im Neuen ökonomischen System der Planung und Leitung haben die Parteifunktionäre weitgehende Weisungs- und Kontrollbefugnisse.

 

Die Ergebnisse des Volkswirtschaftsplans 1963, des ersten Jahres nach der Einführung des P., und die mäßigen Planziele des Volkswirtschaftsplans 1964 geben keine Anhaltspunkte dafür, daß die Entwicklung der Wirtschaft durch das P. positiv beeinflußt wurde.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 337


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.