DDR von A-Z, Band 1965

Schöffen (1965)

 

 

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1966 1969 1975 1979


 

Ehrenamtliche Laienrichter, deren Stellung durch §§ 61–69 des sowjetzonalen GVG geregelt ist. Die Straf- und Zivilkammern der Kreisgerichte und die für die erstinstanzlichen Sachen zuständigen Senate der Bezirksgerichte sind mit 1 Richter als Vorsitzenden und 2 Sch. besetzt. Der Senat für Arbeitsrechtssachen des OG entscheidet mit einem Oberrichter, einem weiteren Richter und 3 Sch. Den Berufungssenaten der Bezirksgerichte und den sonstigen Senaten des Obersten Gerichts gehören keine Sch. an. In der Militärgerichtsbarkeit sind Militärschöffen tätig. Zu politisch oder wirtschaftspolitisch besonders wichtigen Verfahren können die Sch. ohne Beachtung der ausgelosten Reihenfolge oder des nach § 68 GVG halbjährlich aufzustellenden Plans ausgesucht werden. Sch. sind auch in den Rechtsauskunftsstellen der Kreisgerichte tätig. Ferner wirken die Sch. nach § 41 StEG seit dem 1. 2. 1958 an der Strafrechtsprechung auch außerhalb der Hauptverhandlung mit, und zwar am Beschluß über die Eröffnung oder die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens, an Beschlüssen über Bedingte Strafaussetzung und deren evtl. Widerruf, an Beschlüssen über Umwandlung von Geldstrafen in Freiheitsstrafen und darüber, ob eine Bedingte Verurteilung nach Ablauf der Bewährungsfrist als nicht erfolgt zu gelten hat. Die Sch. sollen an 12 aufeinanderfolgenden Tagen im Jahr an der Rechtsprechung des Gerichts teilnehmen. Berufliche oder materielle Nachteile dürfen einem Sch. durch Ausübung des Schöffenamtes nicht entstehen; Verdienstausfall wird entschädigt.

 

Die Sch. werden für 4 Jahre gewählt; die Wahlen werden zusammen mit den Wahlen der Richter durchgeführt. Für das Sch.- Amt gelten nach § 45 GVG dieselben Voraussetzungen wie für das Richteramt: „Die Sch. müssen nach ihrer Persönlichkeit und Tätigkeit die Gewähr dafür bieten, daß sie ihre Funktion gemäß den Grundsätzen der Verfassung und den Gesetzen ausüben, sich für den Sozialismus einsetzen und der Arbeiter-und-Bauern-Macht treu ergeben sind.“ Gewählt werden kann jeder Bürger, der das Wahlrecht besitzt und das 25. Lebensjahr vollendet hat, mit Ausnahme von Richtern, Staatsanwälten, Mitarbeitern der Untersuchungsorgane und Rechtsanwälten. Die Anzahl der für jedes Kreis- und Bezirksgericht zu wählenden Sch. wird vom Minister der Justiz bestimmt, die Zahl der Arbeitsrechtsschöffen beim OG setzt der Präsident des OG fest. Erweist ein Sch. sich als „ungeeignet“, so kann er auf Vorschlag des Direktors des Gerichts von der zuständigen Volksvertretung abberufen werden. Die Sch. sollen „Propagandisten der sozialistischen Gesetzlichkeit“ werden. Eine Sch.-Kartei soll Aufschluß über ihre Beteiligung an der Rechtsprechung, der Schulung und der politischen Massenarbeit geben. Die Sch. sollen u.a. „die Rechtsprechung enger mit der gesellschaftlichen Entwicklung verbinden, die gesellschaftliche Wirksamkeit der Rechtsprechung erhöhen und das sozialistische Staats- und Rechtsbewußtsein der Bürger und ihre Kenntnisse der Gesetze des Arbeiter-und-Bauern-Staates erweitern“ (§ 62 GVG). Darum sollen die Sch. auch „über gründliche Kenntnisse in den jeweiligen Hauptbereichen des gesellschaftlichen Lebens, besonders der Volkswirtschaft, im Bezirk und Kreis verfügen“ (Rechtspflegeerlaß des Staatsrates vom 4. 4. 1963 — GBl. II, S. 21).

 

Alle Sch., die beruflich in demselben Betrieb tätig sind, werden in diesem Betrieb zu Sch.-Kollektivs zusammengefaßt. Zu den Aufgaben eines solchen Sch.-Kollektivs gehört u. a. „Mitwirkung bei der moralisch-politischen Erziehung eines Verurteilten (gesellschaftliche Erziehung), Beratung politischer und justizpolitischer Fragen, Organisierung von Justizaussprachen, Agitation unter den Kollegen zu wichtigen Schwerpunktfragen der Politik von „Partei und Regierung über das sozialistische Recht“ („Neue Justiz“ 1959, S. 363). (Gerichtsverfassung, Rechtswesen)

 

Literaturangaben

  • Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., überarb. Aufl. (BB) 1959. 206 S.
  • Rosenthal, Walther: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands — Aufgaben, Methoden und Aufbau. (BB) 1962. 175 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 376


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.