
Chemische Industrie (1966)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979 1985
Die ChI. ist nach ihrem Bruttoproduktionswert mit (1964) über 13 Mrd. Mark der größte, mit ihren (1964) rd. 276.000 Beschäftigten der zweitgrößte Industriezweig der SBZ. Sie ist, basierend auf der Verarbeitung von Braunkohle, der wichtigste Grundstofflieferant für die verarbeitenden Industriezweige. Vor der Spaltung Deutschlands hatte die mitteldeutsche ChI. bei einer großen Anzahl von Erzeugnissen überdurchschnittliche Produktionsanteile, bei einigen wichtigen chemischen Grundstoffen bestand sogar eine weitgehende Abhängigkeit Westdeutschlands von der mitteldeutschen ChI. Das größte Chemiewerk Europas, das Leunawerk, die drei IG-Farbenwerke in Bitterfeld und andere waren Lieferanten Westdeutschlands und der ganzen Welt.
Bei verhältnismäßig geringen Kriegsschäden mußte die ChI. der SBZ 1945/46 empfindliche Demontagen hinnehmen. Die wichtigsten Chemie-Großbetriebe wurden von den Sowjets beschlagnahmt (SAG). Nach dem Wiederaufbau verfügten die Sowjets (Stand von Anfang 1952) über mehr als 52 v. H. aller Kapazitäten in der ChI. Erst ab 1. Jan. 1954 wurden die SAG-Betriebe der ChI. an die deutsche Verwaltung zurückverkauft. In der Periode des ersten Siebenjahrplans sollte die Produktion der ChI. bis 1965 gegenüber 1958 annähernd verdoppelt werden. Entwicklungsschwerpunkte waren Kunststoffe (Plaste) und synthetische Fasern. Die Kraftstofferzeugung sollte gegenüber 1958 um 100 v. H. gesteigert und die Düngemittelproduktion verdoppelt werden. Alle Planziele wurden nicht erreicht. Nach vier Jahren Laufdauer des ersten Siebenjahrplans hatte die ChI. nur 45 v. H. der in dieser Zeit geplanten Zuwachsrate der Bruttoproduktion erzielt. Im Rahmen der Zusammenarbeit der Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe soll die ChI. der SBZ Hauptlieferant für Kalidüngemittel, Kunststoffe, Silikone und synthetischen Kautschuk werden.
Nach den bis Ende 1965 bekanntgewordenen Planzielen des „Perspektivplans bis [S. 96]1970“ — der als Ganzes noch nicht vorliegt — soll die ChI. noch stärker forciert werden. Schwerpunkte des neuen Planes sind nach wie vor die Entwicklung der Petrochemie und, damit im Zusammenhang stehend, der Kunststoffchemie einschl. synthetischer Textilfasern. — Die vorliegenden Pläne lassen erkennen, daß die ChI. auch in den ersten Jahren nach 1970 fast ausschließlich eine „Braunkohlenchemie“ sein wird. Der Übergang von der Braunkohle auf die zunehmende Verwendung von Erdöl wird in diesen Jahren gering entwickelt sein: Nur etwa 8 v. H. des Erdölverbrauchs der Zone wird in den neuen Werken der Petrochemie verarbeitet werden können.
Literaturangaben
- *: Die chemische Industrie in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1955. 64 S. m. 14 Anlagen.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 95–96
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