DDR von A-Z, Band 1966

Ehescheidungen (1966)

 

 

Siehe auch:


 

E. können nur in einem gerichtlichen durch VO vom 7. 2. 1956 geregelten Verfahren ausgesprochen werden (Familienrecht). Materielle Grundlage des Scheidungsrechts ist eine VO vom 24. 11. 1955, in der das Verschuldens- durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt worden ist.

 

Die Zahl der E., die zunächst von 1950 bis 1956 von 27,1 je 10.000 der Bevölkerung auf 13,2 zurückgegangen war, hat seitdem allmählich, aber ständig zugenommen und 1964 einen neuen Höchststand von 27.162 (1956: 23.349), das sind 16 E. jo 10.000 der Bevölkerung, erreicht. Das entspricht dem Stand der E. in Westdeutschland in den ersten Nachkriegsjahren. Seit 1956 entfallen in der BRD jährlich nur noch zwischen 8,7 bis 8,9 E. auf 10.000 Einwohner. Ostberlin hatte 1964 mit 32,2 E. auf 10.000 Einwohner (West-Berlin 1963: 20,5) vor den Bezirken Leipzig (18,3) und Potsdam (17,7) die weitaus meisten E. Am niedrigsten ist die Zahl der E. in den drei Mecklenburger Bezirken: Neubrandenburg 10, Schwerin 11,8 und Rostock 12,2.

 

Auch das Verhältnis der Eheschließungen zu den E. hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. 1958 kamen 150 E. auf 1.000 Eheschließungen, 1964 dagegen 199. Auf je 5 Eheschließungen entfällt also eine E., in der BRD einschließlich West-Berlin ist das Verhältnis 10:1. Noch schlechter ist die Entwicklung bei Ehepartnern unter 21 Jahren. Die E. der 18- bis 21jährigen Personen, bezogen auf die mittlere Bevölkerung der gleichen Altersgruppe, sind zwischen 1958 und 1963 auf fast das Doppelte, die Eheschließungen der gleichen Altersgruppe dagegen nur um etwa 30 v. H. gestiegen. Ein großer Teil dieser Ehen bestand nicht einmal ein Jahr.

 

In sowjetzonalen Veröffentlichungen wird die große Zahl der E. damit begründet, daß die „Reste des Alten in den familienrechtlichen Beziehungen hartnäckiger und zählebiger sind als auf anderen Gebieten“. Durch Einbeziehung von gesellschaftlichen Kräften in das Eheverfahren soll dieser Entwicklung entgegengetreten werden. Diese Erklärung wird schon durch den Vergleich mit der Zahl der E. in der BRD und durch die Tatsache widerlegt, daß besonders die Ehen junger Menschen in starkem Maße gefährdet sind. Tatsächlich sind die Gründe für die wachsende Zahl der E. vor allem im sowjetzonalen Eherecht, das eine Eheauflösung erleichtert, und in der kommun. Familienpolitik zu suchen.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 115


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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