DDR von A-Z, Band 1966

Entwicklungsländer (1966)

 

 

Siehe auch:


 

In der Außenhandelspolitik gegenüber den E. verknüpft der Sowjetblock nach marxistisch-leninistischem Prinzip wirtschaftliche Beziehungen eng mit politischen Aufgaben.

 

Von besonderem Interesse sind die Länder des afro-asiatischen Raumes und in Lateinamerika die Staaten, die mit wirtschaftlichen und innenpolitischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben und daher dem sozialistischen Lager schnelle Erfolge versprechen. Besonders zu afrikanischen Staa[S. 123]ten werden die ökonomischen, wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen in zunehmendem Maße durch Regierungsabkommen als der engsten Bindung an den Sozialismus geregelt. Der Sowjetblock fördert den industriellen Aufbau dieser Länder durch Industrieanlagen und Einrichtungen zur eigenen Verarbeitung der Rohstoffe im Austausch gegen die landesüblichen Rohstoffe und Produkte. Den Schwerpunkt sieht das SED-Regime in der Intensivierung des Handels mit diesen Ländern, um sich Vormachtstellung gegenüber dem freien Westen durch direkten Bezug der Landesprodukte unter Ausschaltung europäischer Zwischenhändler zu schaffen. Besonders bevorzugt werden die E., die ihren Außenhandel bereits verstaatlicht haben (VAR, Indien, Indonesien, Ghana).

 

Den E. werden überwiegend langfristige Warenkredite eingeräumt, die von der Deutschen ➝Notenbank finanziert werden. Die Ausreichung von Valutakrediten ist der SU als der führenden Macht im Sowjetblock vorbehalten, die unter gelegentlicher Mitwirkung ihrer Satelliten bis 1965 Kreditzusagen in Höhe von rund 27 Mrd. DM gemacht hat gegenüber rund 310 Mrd. DM der westlichen Industrienationen. Die tatsächliche Kreditinanspruchnahme gegenüber dem Ostblock kann man wohl mit rund 40 v. H. annehmen.

 

Die Art der zweckgebundenen Mittel zur Bezahlung von Ostblockausrüstungen ist die übliche Form der Kredite. Wenn teilweise Lieferungen als Geschenke herausgestellt wurden, so trifft dies im wesentlichen auf die sozialistischen E. wie Nordkorea oder Nordvietnam zu.

 

Die SBZ ist an der Summe der Kreditzusagen nur mit einem geringen Betrag von ungefähr 1 Mrd. MDN beteiligt. Ein Pro-Kopf-Vergleich zeigt 17 zu 449 Mark zugunsten der BRD. Die Kreditverzinsung ist mit 2,5 v. H. jährlich sehr niedrig. Die B. müssen sich dafür aber dem Preisdiktat der Ostblockländer in ihren Handelsbeziehungen fügen. Die Angebote aus den sozialistischen Ländern scheinen den E. zunächst verlockend. Auf lange Sicht wird dadurch aber mehr gekauft als verkauft, und mit den langfristigen Abnahmeverpflichtungen für die Haupterzeugnisse seitens der Kreditgeber werden viele E. vom Weltmarkt isoliert und restlos dem Ostblock ausgeliefert. Die vom Osten immer wieder hervorgehobene langfristige und stabile Preisfestsetzung für die E. ist mit Skepsis zu betrachten, da Preise in den Rahmenabkommen auf der Basis der Weltmarktpreise vereinbart werden, die aber ihrerseits Schwankungen unterliegen. Berücksichtigt man weiterhin, daß die Rückzahlung der Warenkredite einschl. Zinsen aus der industriellen Produktion der E. erfolgt, dient diese weniger der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung der E. als vielmehr dem Aufkommen an industriellen Konsumgütern der Ostblockländer, die ihre Produktion dann nach wie vor dem Aufbau des Kommunismus nutzbar machen können.

 

Die in den Ländern errichteten Handelsvertretungen mit „konsularischem Charakter“ dienen auch der Sicherung politischer Verbindungen und haben Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel der Anerkennung der Zone zu leisten. Neben der technischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit wird eine sog. „Ausbildungshilfe“ für fachliche Nachwuchskräfte gewährt, die in der SBZ zusätzlich gründlicher „ideologischer“ Schulung unterzogen werden. Diese Aufgabe haben z. B. das „Deutsche Institut für tropische und subtropische Landwirtschaft“ an der Universität Leipzig und das Institut für Tropen-Veterinärhygiene. Zusätzlich ist die SBZ bestrebt, durch enge politische Bindungen sozialistische Aufklärungszentren in den E. zu schaffen, von denen bisher die Deutsch-Afrikanische Gesellschaft, die Deutsch-Arabische Gesellschaft, die Deutsch-Lateinamerikanische Gesellschaft sowie die Deutsch-Südostasiatische Gesellschaft ihre Tätigkeit aufgenommen haben.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 122–123


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.