DDR von A-Z, Band 1966

Erziehungsrecht, elterliches (1966)

 

 

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979


 

Im neuen Familiengesetzbuch (FGB; Familienrecht) ist der bisherige Begriff des Sorgerechts durch das E. ersetzt worden.

 

Durch verantwortungsvolle Erfüllung ihrer Erziehungspflichten sollen die Eltern ihre Kinder „zur sozialistischen Einstellung zum Lernen und zur Arbeit, zur Achtung vor den arbeitenden Menschen, zur Einhaltung der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens, zur Solidarität, zum sozialistischen Patriotismus und Internationalismus“ erziehen. Dabei sollen die Eltern „eng und vertrauensvoll mit der Schule, anderen Erziehungs- und Ausbildungseinrichtungen, mit der Pionierorganisation (Junge Pioniere) und der FDJ zusammenarbeiten und diese unterstützen“.

 

Zu den Rechten und Pflichten der Eltern gehören die Betreuung des Kindes, seine rechtliche Vertretung, das Recht, seinen Aufenthalt zu bestimmen, die Unterhaltspflicht und die Regelung der Vermögensangelegenheiten. Die staatlichen Organe sowie die gesellschaftlichen Organisationen, die Arbeitskollektive, Elternbeiräte und Hausgemeinschaften haben die Eltern bei der Erziehung der Kinder zu unterstützen.

 

Die Eltern üben das E. gemeinsam aus. Ist ein Elternteil verhindert, so ist der andere berechtigt, das E. allein wahrzunehmen. Über das E. nach der Ehescheidung entscheidet das Gericht im Ehescheidungsverfahren. Nach dem FGB sind bei dieser Entscheidung der erzieherische Einfluß der Eltern und dte „Umstände der Ehescheidung“ zu berücksichtigen.

 

In allen anderen Fällen ist für die Entziehung und Übertragung des E. der Rat des Kreises, Abt. Volksbildung, Referat Jugendhilfe und Heimerziehung, zuständig, dem durch die VO über die Übertragung der Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 15. 10. 1952 (GBl. S. 1057) sämtliche Vormundschaftssachen übertragen worden sind. Bei Unehelichen Kindern hat die Mutter das E. allein.

 

Dem im Westen lebenden Elternteil darf das E. nicht übertragen werden. Haben beide Eltern die SBZ verlassen, so wird ihnen das Recht auf Aufenthaltsbestimmung, wenn nicht überhaupt das E., entzogen. Die in der SBZ lebenden Kinder werden bei Verwandten oder in Heimen untergebracht (Heimerziehung). Mehr als 2.000 Kinder werden in der SBZ ihren im Westen lebenden Eltern vorenthalten (Kinder, Zusammenführung mit Eltern).

 

In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Kinder von Flüchtlingen, die bei der Flucht ihrer Eltern zurückgelassen worden sind. Deren Anträge auf Familienzusammenführung werden grundsätzlich mit der Begründung abgelehnt, daß „diese von ihren Eltern im Stich gelassenen Kinder in bester Fürsorge“ sind. Eltern, die „ihre Schuld tilgen wollen“, stehe „die Rückkehr in die DDR jederzeit offen“. Es sind aber auch jugendliche Ausreißer aus der BRD darunter, denen die Rückkehr zu ihren Eltern vielfach versagt wird (Umsiedler).


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 126


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.