
Gerichtskritik (1966)
Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979
Nach § 9 GVG (Gerichtsverfassung) vom 17. 4. 1963 hat ein Gericht durch begründeten Beschluß Kritik an Mängeln zu üben, die es im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren bei anderen Organen der Rechtspflege, Organen der staatlichen Verwaltung, sozialistischen Betrieben und Einrichtungen, sozialistischen Genossenschaften oder gesellschaftlichen Organisationen feststellt. Die G. kann sich sowohl auf Gesetzesverletzungen wie auf solche Umstände erstrecken, die die Begehung von Straftaten und anderen Gesetzesverletzungen begünstigen. Der Leiter des kritisierten Organs oder die Leitung der von der Kritik betroffenen gesellschaft[S. 164]lichen Organisation sind verpflichtet, gegenüber dem Gericht binnen zwei Wochen zur G. Stellung zu nehmen. Das dem kritisierten Staatsorgan übergeordnete Organ ist vom Gericht über die G. schriftlich zu informieren.
Mit dieser gesetzlichen Neuregelung hat die G. gegenüber der bisher schon nach § 4 der Strafprozeßordnung bestehenden Möglichkeit einige wesentliche Neuerungen erfahren. Durch die verstärkte und richtige Anwendung der G. sollen die gesellschaftlichen Kräfte im Kampf gegen Gesetzesverletzungen und zur Beseitigung von Mängeln mobilisiert werden (Rechtspflegeerlaß des Staatsrates vom 4. 4. 1963). Mit der G. soll dazu beigetragen werden, „daß alle Staats- und Wirtschaftsorgane, die gesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen ihre Verantwortung für die konsequente Durchsetzung von Disziplin und Ordnung, für die Überwindung von Gleichgültigkeit gegenüber den Verletzungen der Gesetzlichkeit und der Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens wahrnehmen“ („Neue Justiz“ 1964, S. 292).
Literaturangaben
- Rosenthal, Walther: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands — Aufgaben, Methoden und Aufbau. (BB) 1962. 175 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 163–164