DDR von A-Z, Band 1966

Grundeigentum (1966)

 

 

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979 1985


 

Grundstücke, die lediglich „der Befriedigung eigener Lebensbedürfnisse des Eigentümers dienen“, können persönliches Eigentum sein. Daneben gibt es in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus noch Privateigentum an Grund und Boden. Durch Enteignung ist aber das private G. zugunsten des sozialistischen Eigentums stark dezimiert worden (Bodenreform, Aufbaugesetz). Die Grundstücksverkehrsordnung vom 11. 1. 1963 (GBl. II, S. 159) war ein weiterer Schritt zur Sozialisierung des G. Durch diese VO soll sichergestellt werden, daß die „Nutzung des Grund und Bodens in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Interessen zur allseitigen Stärkung der ökonomischen Grundlagen der Arbeiter-und-Bauern-Macht“ erfolgt. Nach § 2 ist jede Übertragung des Eigentums an einem Grundstück oder Gebäude oder dessen Belastung oder Übertragung dieser Belastung durch Rechtsgeschäft genehmigungspflichtig. Dasselbe gilt für den Grunderwerb im Wege der Erbfolge, wenn eine juristische Person, also z. B. die Kirche, erben soll. Die Genehmigung erteilt der Rat des Kreises (Kreis). Sie ist zu versagen, wenn „spekulative Gründe“ vorliegen oder „durch den Erwerb eine Konzentration von Grundbesitz entsteht“ oder wenn „in anderer Weise gesellschaftliche Interessen verletzt werden“.

 

Vor dem Inkrafttreten der Grundstücksverkehrsordnung war die Genehmigungspflicht auf ein sächsisches und thüringisches Landesgesetz und auf die Bestimmung des Art. 26 der Verfassung gestützt worden, wonach die Verteilung und Nutzung des Bodens zu überwachen und jeder Mißbrauch zu verhüten ist. Die Praxis, wonach die Übertragung eines Grundstückes verweigert wurde, wenn der Erwerber im Westen lebte oder er oder ein naher Angehöriger bereits Eigentümer eines Hausgrundstückes war, ist die gleiche geblieben.

 

„Um den Grundstücksverkehr entsprechend den Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus zu lenken und die staatlichen Interessen durch den Erwerb von Grundstücken wahrzunehmen“, ist den Räten der Kreise durch die VO vom 11. 1. 1963 ein sogenanntes Vorerwerbsrecht eingeräumt worden, das allen sonstigen Vorkaufsrechten vorgeht. Mit der Ausübung dieses Vorerwerbsrechts und der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch entsteht Volkseigentum. Alle auf dem Grundstück ruhenden Belastungen erlöschen. Für die Gläubiger, deren dringliche Rechte erloschen sind, tritt der Erlös an die Stelle des Grundstücks. Steht ein Grundstück teils in Privateigentum, teils in „Volkseigentum“, so hat der private Miteigentümer kein Recht auf Beteiligung an der Verwaltung des Grundstücks. Die Leistungsverordnung vom 16. 8. 1963 (GBl. II, S. 667) bietet eine weitere Möglichkeit, private Grundstücke in Anspruch zu nehmen. Grund[S. 183]stücke von Flüchtlingen werden unter „staatliche“ Treuhandverwaltung gestellt (Flüchtlingsvermögen).

 

Im Zusammenhang mit der Errichtung der Mauer sind die meisten der in Ostberlin und der SBZ liegenden Grundstücke, die West-Berlinern gehören, in „staatliche“ Verwaltung genommen worden. Alle Verwaltungsvollmachten der Eigentümer gelten als erloschen. Diese Maßnahme soll angeblich dem „Schutz des Vermögens der Bürger West-Berlins dienen“. Für Grundstücke, deren Eigentümer in der BRD wohnen, sind dagegen weiterhin private Verwalter zugelassen.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 182–183


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.