
Halbstaatliche Betriebe (1966)
Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979
Ähnlich wie in China im Jahre 1954 ist man in der SBZ Anfang 1956 dazu übergegangen, gemischte staatlich-private Betriebe (Betriebe „halbsozialistischen Charakters“, „halbstaatliche Betriebe“) zu schaffen, die „auf einem friedlichen Wege in sozialistische Betriebe umzugestalten“ sind (DFW 13/56, S. 584). Auf Grund des Beschlusses des 25. Plenums des ZK der SED, in dem es heißt: „Um die Produktionserfahrungen solcher privater Unternehmer auszuwerten, die über ein zu geringes Kapital verfügen, um volkswirtschaftlich notwendige Produktionen für die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung und die Steigerung des Exports durchzuführen und erweitern zu können, kann solchen Betrieben das fehlende Kapital durch staatliche Beteiligungen zugeführt werden“, wurde im Januar 1956 die Deutsche Investitionsbank (DIB) vom Präsidium des Ministerrates bevollmächtigt, sich an Privatbetrieben zu beteiligen.
Nachdem die funktionale Selbständigkeit der Privatbetriebe schon seit Beginn der Volkswirtschaftsplanung nicht mehr besteht, wird durch die staatliche Beteiligung auch die noch vorhandene Kapitalbasis überfremdet. Bisher wurde bei dieser Staatsbeteiligung formell die alte Rechtsform der Kommanditgesellschaft (KG) gewählt, wobei der Staat mit seiner Kapitaleinlage als Kommanditist in die neue Gesellschaft eintritt und der ehemalige private Unternehmer Komplementär und Geschäftsführer wird. Für seine Geschäftsführung erhält er ein lohnsteuerpflichtiges Gehalt, das auch bei Verlusten zu zahlen ist. Die Gewinnbeteiligung erfolgt nach seinem Kapitalanteil. Der Gewinn unterliegt der Einkommensteuer. Das Verhältnis zwischen Komplementär und Kommanditist wird vertraglich geregelt. Der Kommanditist hat bestimmte Kontrollrechte und haftet nur bis zum Betrage seiner Vermögenseinlage. In Betrieben mit mehr als 50 v. H. Staatsbeteiligung wird ein staatlicher Beauftragter als Prokurist eingesetzt. Durch die Aufdeckung der stillen Reserven des ehemaligen Betriebes bei der Umwandlung entstehen keine steuerlichen Lasten. Über den anteiligen Betriebsgewinn kann der bisherige Betriebsinhaber verfügen. Der staatliche Gewinnanteil wird unversteuert an den Staatshaushalt abgeführt. Langfristige Kredite werden nicht gewährt. Zusätzlicher Kapitalbedarf soll durch Erhöhung der staatlichen Einlage gedeckt werden.
Während zunächst nur die DIB berechtigt war, sich an privaten Betrieben kapitalmäßig zu beteiligen, sind es heute nahezu ausschließlich VEB, daneben auch VVB und z. T. die Deutsche Reichsbahn. Neben der wirtschaftlichen Einflußnahme soll besonders die politische Beeinflussung und Kontrolle auf diese Weise durch einen intensiveren Kontakt vergrößert werden. In Einzelfällen ist auch die Form der Offenen Handelsgesellschaften zulässig. Wenn auch diese neuen Gesellschaften gegenüber den anderen Privatunternehmen besondere Vorteile genießen, so begeben sie sich doch stark in die Hand des Staates und der staatsgewerkschaftlichen Kontrolle. Sie erhalten bestimmte Produktionsaufgaben, Materialkontingente und Lizenzen für Kapazitätserweiterung direkt von den betr. Verwaltungsorganen.
Der FDGB ist für die Produktion dieser Betriebe mitverantwortlich. Er hat den Wettbewerb, Neuerermethoden und das Rationalisierungs- und Erfindungswesen unter den Arbeitern zu organisieren. HB. unterliegen der Kontrolle der Deutschen Notenbank, sie sind verpflichtet, ihre Bankkonten ausschließlich bei der Deutschen Notenbank zu unterhalten. Der Einfluß der SED in diesen Betrieben wird laufend vergrößert. Private Komplementäre werden gezwungen, in die SED einzutreten und politische Schulungskurse zu besuchen. Der Grad an wirtschaftlicher Selbständigkeit dagegen wird immer geringer. Seit Anfang 1963 sind die HB. völlig in die Volkswirtschaftsplanung einbezogen. Im Zuge der Konzentrationsbestrebungen seit dem VI. Parteitag wird auf die HB. eingewirkt, damit sie sich mit anderen HB. zu einem Betrieb zusammenschließen.
Anteil der HB. an der industriellen Bruttoproduktion (in v. H.) der SBZ:
[S. 189]Anteil der HB. an der industriellen Bruttoproduktion der HB. und Privatbetriebe zusammen (in v. H.):
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 188–189
Halbritter, Walter | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Halbstaatliche Praxis |