
Kredite (1966)
Siehe auch:
a) Das Kreditwesen wurde nach 1945 nach dem Vorbild der SU aufgebaut. K. werden nur für die im Volkswirtschaftsplan vorgesehenen Aufgaben gewährt. Langfristige K. waren 1964 für die „volkseigene“ Wirtschaft bedeutungslos, da die Investitionen anderweitig finanziert wurden. Im Rahmen des Neuen ökonomischen Systems wird jedoch — in Anlehnung an die Entwicklung in der SU seit dem XXII. Parteitag — verstärkt die Möglichkeit diskutiert, Investitionen durch langfristige K. zu finanzieren, um einen „höchstmöglichen Nutzen der Investitionen, eine höhere Verantwortlichkeit des Betriebsleiters und eine größere Sparsamkeit in den Betrieben“ zu erreichen. Den kurzfristigen K. kommt eine sehr große Bedeutung zu, da die VEW absichtlich nur teilweise mit eigenen Mitteln zur Finanzierung des Betriebsablaufes ausgestattet ist. Sie ist also gezwungen, ständig K. in Anspruch zu nehmen, die für die einzelnen Finanzierungsobjekte genau genormt sind.
Seit 1. 6. 1964 werden auf Grund einer K.-VO drei Kategorien kurzfristiger K. gewährt: 1. „Plankredite“ zur Finanzierung der planmäßigen Umlaufmittel. Hierzu gehören insbesondere der Richtsatzplan-K. zur Finanzierung des planmäßigen Produktionsablaufes (für Vorräte, Betriebsstoffe, Halb- und Fertigwaren) und der Saison-K. zur Finanzierung der saisonbedingten Bestände; daneben der Forderungs-K. zur Finanzierung von Forderungen aus Warenlieferungen. 2. können „Zusatz-K.“ zur Finanzierung von betrieblichen Maßnahmen gewährt werden, die im volkswirtschaftlichen Interesse liegen (hierzu gehören Vorzugs- und Zwischen-K.). Schon diese K. zeigen die Unvollkommenheit der K.-Planung im Rahmen der Wirtschaftsplanung, denn sie dienen der Finanzierung von unvorhergesehenen Planabweichungen. Noch deutlicher zeigt die 3. K.-Kategorie die Mängel der zentralgeplanten Wirtschaft: „Zusatzkredite für Plan Widrigkeiten“ werden gewährt zur Finanzierung von planwidrigen Beständen (Sonder-K.) und zur Überbrückung von generellen Liquiditätsschwierigkeiten zur Bezahlung von Löhnen, Warenlieferungen usw. (Zahlungs- und Liquiditäts-K.). Daneben können Mindergewinne und außerplanmäßige Verluste durch Überbrückungs-K. abgedeckt werden (Finanzschulden). Diese umständliche Spezifizierung hat den Sinn, die Betriebe bis hinunter zu den einzelnen Produktionsverfahren und besonders deren Bestandshaltung zu kontrollieren. Planwidrigkeiten sollen durch Sonder-, Überbrückungs-, Liquiditäts- und Zahlungs-K. mit hohen Zinsen (bis zu 10 v. H. — Normalzins 2–3,5 v. H.) vermieden werden.
Zur weiteren Einflußnahme sind auch die K.-Bedingungen seit 1. 6. 1964 neu geregelt. Höhe, Zweck, Frist und Zinshöhe sind dem K.-Ziel anzupassen. Zusätzliche Garantien und Sicherungen können von K.-Nehmern mit mangelhafter „Kreditdisziplin“ verlangt werden. Alle K.-Beziehungen sind ab 1. 6. 1964 vertraglich zu regeln. Innerhalb der K.-Organisation nehmen die sog. Rationalisierungs-K. eine Sonderstellung ein. Sie werden von der Deutschen ➝Notenbank für Maßnahmen zur Mechanisierung und Rationalisierung des Produktionsprozesses bereitgestellt. Die Hergabe dieser K. ist an den vorherigen Nachweis darüber gebunden, daß die damit finanzierten Investitionen innerhalb von 2 Jahren einen zusätzlichen Nutzen bringen, der die Rückzahlung der K. in diesem Zeitraum erlaubt.
Für die sozialistischen Genossenschaften werden kurzfristige und langfristige K. entsprechend den Auflagen der Volkswirtschaftspläne gewährt. Für die private Wirtschaft sind im allgemeinen K. nicht zu erhalten. Private Industriebetriebe werden auf Staatsbeteiligungen (halbstaatliche Betriebe) verwiesen. Hergabe und Kontrolle der K. sind Aufgabe der zuständigen Banken.
b) Während die Propaganda behauptet, die BRD sei im Gegensatz zur SBZ stark an das Ausland verschuldet, zeigt ein Blick auf die Tatsache, daß das Verhältnis genau umgekehrt ist: Die BRD gibt in hohem Maße K. an Entwicklungsländer und internationale Institutionen (z. B. die Weltbank), während die SBZ gezwungen ist, ständig größere K. von der SU zu erbitten.
Von K.-Transaktionen der SU an die SBZ sind bekannt:
Die Tabelle zeigt, daß die SBZ seit 1952 mindestens K. in Höhe von — umgerechnet — rd. 4,7 Mrd. DM Ost von der SU erhalten hat und daß sie heute in Höhe von über 3,7 Mrd. DM Ost verschuldet ist.
Darüber hinaus ist die SBZ seit Jahren bemüht, von der BRD K. zu erhalten. Die Bereitschaft der Bundesregierung hierzu ist grundsätzlich vorhanden; jedoch ist die K.-Gewährung davon abhängig, daß der Bevölkerung Mitteldeutschlands größere persönliche Freiheiten eingeräumt werden. Hierzu war die SBZ-Regierung jedoch bis heute nicht bereit.
Auf der anderen Seite ist die SBZ nur in sehr bescheidenem Maße K.-Geber. Folgende K. an sozialistische Länder sind von der SBZ bisher zugesagt worden, wobei nicht bekannt ist, ob die Zusagen bereits realisiert worden sind:
Ferner hat die SBZ noch Waren-K. in Höhe von 31 Mill. Dollar an Entwicklungsländer [S. 260]zugesagt (Stand: 1963), von denen ebenfalls nicht bekannt ist, inwieweit sie bis heute tatsächlich gewährt wurden. Der Betrag verteilt sich auf folgende Länder:
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 259–260