
Menschenhändler (1966)
Siehe auch die Jahre 1963 1965
Pj. von strafrechtlicher Bedeutung. Seit Sommer 1961 verschwanden in der SED-Propaganda die Ausdrücke Republikflucht und Abwerbung. Es sollte nicht zugegeben werden, daß Tausende von Bürgern die Zustände in der SBZ als so unerträglich empfanden, daß sie unter Zurücklassung ihrer Habe und Aufgabe ihrer Heimat nach West-Berlin flüchteten. Ein neuer Begriff mußte geprägt werden. Zur propagandistischen Vorbereitung und zur Rechtfertigung der Absperrungsmaßnahmen (Mauer) in Berlin erfand die SED deshalb „M.“ und „Kopfjäger“, die angeblich im Auftrage „westlicher Agentenorganisationen“ Zonenbewohner durch Drohungen oder Versprechungen nach dem Westen lockten. Die Existenz solcher M. sollte mit zwei Prozessen vor dem Obersten Gericht nachgewiesen werden. Die Angeklagten hatten nichts weiter getan, als den Versuch unternommen, Angehörigen oder Freunden bei der Flucht nach Berlin (West) zu helfen. Trotzdem stellte das OG in seinem Urteil fest: „West-Berlin spielt heute — wie einst Shanghai — die Rolle des Hauptumschlagplatzes im Menschenhandel. Zahlreiche westdeutsche Dienststellen und Organisationen, die sich rechtswidrig in West-Berlin befinden, nutzen die gegenwärtige Lage aus, mitten im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik Menschenhandel zu treiben“ („Neue Justiz“ 1961, S. 550). In einem Urteil vom 11. 7. 1963 („Neue Justiz“ 1964, S. 125) spricht das OG von „organisiertem Menschenhandel“.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 309
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