DDR von A-Z, Band 1966

Schiffahrt (1966)

 

 

Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979


 

a) Binnenschiffahrt. Nachdem die Sowjets 1945 etwa 2.500 moderne Lastkähne als Reparationsentnahme (Reparationen) beschlagnahmt hatten, blieb der sowjetzonalen Binnen-Sch. nur eine geringe Anzahl überalterter Schiffe mit einem Durchschnittsalter von etwa 45 Jahren. Etwa 40 v. H. der rd. 635.000 Tonnen Schiffsraum umfassenden Binnenflotte befinden sich noch im Besitz von etwa 450 privaten Schiffseignern. Der Einsatz des gesamten Schiffsparks wird staatlich gelenkt. Der VEB Deutsche Binnenreederei, Sitz Berlin, ist der Hauptfrachtführer für Wassertransporte innerhalb der SBZ. Die privaten Betriebe können selbständig keine Frachtverträge abschließen, sondern nur Unterverträge mit der Deutschen Binnenreederei. Weisunggebend ist die Hauptverwaltung Binnenschiffahrt und Wasserstraßen im Ministerium für Verkehrswesen. Durch langfristige Charterverträge wird versucht, einen „halbstaatlichen Sektor“ in der Binnenreederei zu schaffen. Bis Ende 1961 hatten jedoch nur etwa 15 v. H. der [S. 413]Schiffseigner ihre Unterschriften dazu gegeben. — Der Leistungsanteil der B. am Gütertransport ist gegenüber der Vorkriegszeit um vier Fünftel zurückgegangen. Wesentliche Ursachen für den Rückgang nach dem Kriege waren u. a. die nach der Spaltung Deutschlands ungünstige Lage der Wasserstraßen zu den Industriezentren und der fehlende Anschluß der Wasserstraßen an die Seehäfen (Häfen).

 

 

Seit Ende 1962 sind Bemühungen im Gange, die B. durch den Ausbau der Wasserstraßen und die Einführung der modernen Schub-Sch. besser zu nutzen. Voraussetzung dafür sind eine kostspielige Begradigung der Wasserstraßen und die Konzentrierung des Güterumschlages auf wenige leistungsfähige Binnenhäfen. Bis 1970 sollen zwei Drittel aller B.-Transporte von der Schub-Sch. übernommen sein.

 

b) Seeschiffahrt. Vor dem Kriege waren in den Seehäfen des heutigen Gebiets der SBZ etwa 55 Dampfer, 20 Motorschiffe und 80 Segelschiffe beheimatet mit einer Gesamttonnage von rd. 60.000 BRT. Durch Kriegsschäden und Reparationen ging die gesamte Hochseeflotte verloren. Ab Kriegsende bis 1949 wurden auf den Werften der Zone nur Schiffe für die SU repariert (Schiffbau). Ab 1950 begann der Ausbau der Werften und der Neubau von Schiffen. Bis Ende 1964 erhöhte sich der Bestand der Hochseeflotte, z. T. durch Ankauf von Alttonnage, auf rd. 688.000 tdw (tons deadweight, d.i. gesamte Tragfähigkeit), was etwa 550.000 BRT entsprochen dürfte. (Die BRD hatte Ende 1965 einen Schiffsbestand von 6,0 Mill. BRT.) Der Transportleistungsanteil der eigenen Hochseeflotte am gesamten Außenhandel der Zone über See betrug 1963 etwa ein Drittel. Die See-Sch. ist vollständig verstaatlicht. Ausführender Betrieb ist der VEB Deutsche Seereederei, Sitz Rostock. Für die Abfertigung in- u. ausländischer Schiffe in den Häfen der SBZ ist der VEB Deutsche Schiffsmaklerei (Sitz Rostock) zuständig. Weisunggebend ist die Hauptverwaltung Seeverkehr und Hafenwirtschaft des Ministeriums für Verkehrswesen. Wirtschaftliches Leitungsorgan ist die Direktion des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft in Rostock.

 

Regelmäßiger Linienverkehr wird mit den Häfen des Nord- und Ostseeraumes unterhalten. Einige Schiffe verkehren auf der Levantelinie nach Indien, Ostafrika, Albanien, Griechenland und dem Schwarzen Meer. Gemeinschaftslinien mit anderen Sowjetblockländern sind eingerichtet nach der Sowjetunion, Finnland und Ägypten.

 

In einigen Welthäfen hat die Deutsche Seereederei bereits eigene Agenturen. Die Geschwindigkeit vieler Schiffe der SBZ entspricht nicht dem Weltstand. Häufig scheitern die Vertragsabschlüsse mit ausländischen Schiffsmaklern daran. Der Anschluß an den Weltstand wird noch längere Jahre in Anspruch nehmen.

 

 

Nach Angaben der SBZ-Behörden war bis Ende 1963 nur für zwei der Übersee-Dienste die Rentabilitätsgrenze erreicht worden. Den vorliegenden Plänen zufolge soll die Hochseeflotte der SBZ bis 1970 auf rd. 950.000 BRT ausgebaut, d.h. annähernd verdoppelt werden. Da die eigenen Werftkapazitäten dazu nicht ausreichen, ist der Ankauf von weiteren 30–35 Altschiffen im Ausland vorgesehen.

 

Literaturangaben

  • Seidel, Wolfgang: Verkehrswirtschaft und Verkehrspolitik in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1953. 235 S. m. 72 Tab. u. 9 Schaubildern.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 412–413


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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