
Akademie der Wissenschaften, Deutsche (1966)
Siehe auch:
- Akademie der Wissenschaften, Deutsche (DADW): 1954
- Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAdW): 1969
Auf Befehl Nr. 187 der SMAD (Besatzungspolitik) vom 1. Juli 1946 wurde die DAdW. mit Sitz in Berlin eröffnet; sie bezeichnet sich selbst als „Nachfolgerin“ der 1700 gegründeten Kurfürstlich-Brandenburgischen Societät der Wissenschaften und der aus dieser hervorgegangenen Preußischen AdW, deren Mitglieder und traditionelle Arbeiten sie auch fortführt. Während die Preußische AdW jedoch vorwiegend auf geisteswissenschaftl. Gebiet gearbeitet hatte, nehmen bei der DAdW. — nach sowjet. Vorbild — naturwissenschaftl. und technische Aufgaben wesentlich breiteren Raum ein.
1964 unterstanden der DAdW. rd. 100 naturwissenschaftliche und „gesellschaftswissenschaftliche“ Institute, Arbeitsstellen, Kommissionen und Gesellschaften mit über 12.000 (darunter rd. 3.000 wissenschaftlichen) Mitarbeitern; im gleichen Jahr hatte sie 152 ordentliche und 155 korrespondierende Mitgl., darunter noch 26 ordentliche und 33 korrespondierende in der BRD. Die (1964) etwa 80 naturwissenschaftl., technischen und medizinischen Institute, Arbeitsstellen usw. wurden im Mai 1957 zu einer Forschungsgemeinschaft (Vors. der Chemiker Hermann Klare), die „gesellschaftswissenschaftlichen“ Institute und Einrichtungen (Gesellschaftswissenschaften) zu einer Arbeitsgemeinschaft (Vors. der Historiker Leo ➝Stern) zusammengefaßt. Über Forschungsgemeinschaft und Deutschen Forschungsrat ist die DAdW. mit ihren Instituten auch Teil des Planungsapparates geworden. Im Staatshaushalt 1963 waren für die DAdW. an Haushaltsmitteln 160 Mill. DM Ost, an Investitionsmitteln 28,7 Mill. DM Ost vorgesehen.
Der Sowjetisierungsprozeß bei der DAdW. ist sehr weit fortgeschritten; die Durchdringung der Fachwissenschaften mit Parteiideologie, das Programm des Aufbaus eines neuen bolschewistischen Wissenschaftssystems (Wissenschaft) und die allmähliche Ablösung der letzten Generation „bürgerlicher“ Gelehrter durch die Kader eines politisch geschulten Forschernachwuchses engen die zweck- und tendenzfreie Forschung immer mehr ein. Seit 1955 wurde der Einfluß der wissenschaftl. Gremien mehr und mehr zugunsten des von SED-Mitgl. oder -Hörigen beherrschten Verwaltungsapparates beschränkt; auf Kongressen und bei großen wissenschaftl. Unternehmungen werden Nichtkommunisten häufig nur vorgeschoben, um die internationale Geltung der DAdW. zu erhalten. Doch werden auch heute noch mit erheblichem Aufwand große wissenschaftliche Aufgaben (wie das Große historische Wörterbuch der Brüder Grimm) und spezialwissenschaftl. Publikationen (im 1946 gegr. Akademie-Verlag) gefördert, in denen die politische Manipulierung des Wissenschaftsbetriebes wenig oder gar nicht in Erscheinung tritt.
Von den Institutionen der geisteswissenschaftlichen („gesellschaftswissenschaftlichen“) Arbeitsgemeinschaft sind folgende hervorzuheben:
Das 1962 aus der „Deutschen Kommission“ hervorgegangene Institut für deutsche Sprache und Literatur (Leitung bis 1965 Prof. Dr. Theodor ➝Frings, seit 1965 Prof. [S. 19]Dr. Hans Günther Thalheim) bearbeitet u.a. die Buchstaben A–C der Neufassung des Deutschen Wörterbuches der Brüder Grimm (an den Buchstaben D–F arbeitet die Akademie der Wissenschaften in Göttingen), die Neue Folge des Goedekeschen „Grundrisses zur Geschichte der deutschen Dichtung“ und ein Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache; es bereitet ferner ein Marx-Engels-Wörterbuch sowie ein Goethe-Wörterbuch vor.
Das Institut für deutsche Volkskunde (Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Steinitz) soll die „Lebensweise und kulturellen Leistungen der werktätigen Klassen und Schichten des Volkes“ (mit Schwerpunkt auf den „demokratischen Traditionen in der deutschen Volksdichtung“ und der „materiellen Volkskultur“) erforschen. Periodica: „Deutsches Jahrbuch für Volkskunde“ und (zusammen mit Institutionen und Ministerien anderer Länder des Sowjetblocks) „Demos“. Die Arbeitsstelle für Kunstgeschichte (Leiter: Prof. Dr. Edgar Lehmann) bereitet die Neuauflage der Dehioschen Handbücher der deutschen Kunstdenkmäler für den mitteldeutschen Bereich vor und bearbeitet u.a. das Corpus der romanischen Künste Mitteldeutschlands.
Das Institut für Philosophie (Leitung: Prof. Dr. Georg Klaus) soll u. a. „grundlegende Probleme des dialektischen und historischen Materialismus, besonders unter weltanschaulichen und methodologischen Gesichtspunkten“ und „allgemeine Gesetzmäßigkeiten beim Aufbau des Sozialismus in der DDR, vor allem des Wirkens objektiver und subjektiver Faktoren in der sozialistischen Gesellschaft“ erforschen.
Das Institut für Geschichte (Leitung: Prof. Dr. Ernst Engelberg) betreibt neben der „Erforschung und Darstellung der deutschen Nationalgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart“ besonders Forschungsarbeiten zur Geschichte der Arbeiterbewegung.
Das Institut für Wirtschaftswissenschaft (Leitung: Prof. Fred ➝Oelßner) „beschäftigt sich u.a. mit grundlegenden, an der Praxis des sozialistischen Aufbaues und des Kampfes gegen den westdeutschen Imperialismus orientierten Problemen der politischen Ökonomie“. Zeitschriften der DAdW.: „Deutsche Literaturzeitung“, „Forschungen und Fortschritte“, ferner seit 1958 „Monatsberichte der DAdW.“ — Präsident der DAdW. ist seit Okt. 1958 der Latinist Prof. Dr. Werner ➝Hartke, Generalsekretär Prof. Dr. Günther ➝Rienäcker.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 18–19
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