Bezirk (1966)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979 1985
Bei der Verwaltungsneugliederung von 1952 wurde die SBZ in die 14 B.: Chemnitz, Cottbus, Dresden, Erfurt, Frankfurt (Oder), Gera, Halle, Leipzig, Magdeburg, Neubrandenburg, Potsdam, Rostock, Schwerin, Suhl, eingeteilt. Sie umfassen durchschnittlich 15 Kreise.
Der B. ist nicht als Gebietskörperschaft höherer Ordnung anzusehen. Er ist Territorium eines „Einheitsstaates“. Nach der „Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe“ vom 28. 6. 1961 (GBl. I, S. 52), die in Verbindung mit dem „Erlaß des Staatsrates über Aufgaben und Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe unter den Bedingungen des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft“ vom 2. 7. 1965 (GBl. I, S. 159) gilt, bilden die Volkskammer, die Bezirkstage, die übrigen örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe „das einheitliche System der Staatsmacht der Arbeiter und Bauern in der Deutschen Demokratischen Republik“. Träger von Rechten ist nicht der B., sondern die im B. bestehende Dienststelle der staatlichen Verwaltung (staatliche Mittelinstanz), der Rat des B. Dieser ist „Haushaltsorganisation“, als solche „staatliche juristische Person“ und Verwalter von „Volkseigentum“.
Oberstes Organ der „Staatsmacht“ im B. ist der Bezirkstag. Er ist die durch Scheinwahlen nach einer Einheitsliste gebildete örtliche Volksvertretung ohne Gesetzgebungsbefugnis und ohne das Recht, einen ständigen Vors. zu bestellen, mit 160 bis 200 Abgeordneten. Der Bezirkstag bestellt das Verwaltungsorgan, den Rat des B. oder beruft diesen ab. Er ist für die Durchführung der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, der Beschlüsse und Erlasse des Staatsrates sowie der Beschlüsse und Verordnungen des Ministerrates in seinem Gebiet verantwortlich. Er leitet den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen „Aufbau des Sozialismus“ im B. Er ist dabei an die Weisungen der zentralen Dienststellen gebunden, soll aber — im Sinne des demokratischen Zentralismus — auch die örtlichen Belange berücksichtigen und die Bevölkerung zur Durchführung der erhaltenen Weisungen heranziehen. Der Bezirkstag wählt die Richter und Schöffen des Bezirksgerichts und beruft sie ggfs. auch ab.
Der Bezirkstag leitet die Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen in den Stadtkreisen an. Organe des Bezirktages sind neben den Räten die ständigen und zeitweiligen Kommissionen und ihre Aktivs. Der Rat des B. ist Organ der staatlichen Verwaltung mit allgemeiner Zuständigkeit (Mittelinstanz), „vollziehend-verfügendes“ Organ des Bezirkstages (örtlicher Rat) und zugleich nachgeordnete Dienststelle des Ministerrates (doppelte Unterstellung, Rechenschaftslegung).
Am 4. Juni 1964 ist unter der Leitung von Kurt ➝Seibt ein neues Ministerium „für die Anleitung und Kontrolle der Bezirks- und Kreisräte“ gebildet worden. Hierdurch wird die zentrale Anweisungsbefugnis gegenüber den örtlichen Räten besonders betont und erkennbar, daß der jeweilige örtliche Rat in erster Linie an die Weisungen des Ministerrates bzw. des übergeordneten Rates gebunden ist.
Der Rat des Bezirkes besteht aus dem Vorsitzenden, einem 1. Stellv., einem Stellv. für Inneres, dem Stellv. und Vors. der Bezirks-Plankommission, mehreren weiteren Stellv., dem Vors. des Wirtschaftsrates des Bezirks, dem Vors. des Landwirtschaftsrates des Bezirks, den wichtigsten Fachabteilungsleitern und dem Sekretär. Die bisherigen ehrenamtlichen Ratsmitglieder gibt es seit 1965 nicht mehr. Auch daraus wird eine stärkere Hinwendung zur Fach Verwaltung erkennbar. Der Rat des B. wird durch den B.-Tag gewählt und abberufen. Die Arbeitsordnung vom 28. 6. 1961 legt fest, der Vors. habe dafür zu sorgen, daß „die Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse sowie die Gesetze und die Beschlüsse der Organe der Staatsmacht“ der Tätigkeit des Rates zugrunde gelegt werden. Die B.-Verwaltung ist in Fachabt. gegliedert, für die je ein Mitglied des Rates verantwortlich ist. Die Planung und Leitung der Wirtschaft obliegt der Bezirksplankommission und dem Bezirkswirtschaftsrat. Deren Leiter sind außer dem Bezirkstag und dem Rat des B. auch den Leitern der staatlichen ➝Plankommission und des Volkswirtschaftsrates gegenüber rechenschaftspflichtig und weisungsgebunden.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 84
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