
Imperialismus (1966)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979 1985
Im allgemeinen Sprachgebrauch das Bestreben eines Staates, seine Herrschaft über die eigenen Grenzen auszudehnen und fremde Völker auf Kosten ihrer Selbständigkeit und Eigenart mit militärischen, wirtschaftlichen oder kulturpolitischen Mitteln dem eigenen staatlichen Machtbereich einzugliedern, eine seit dem Altertum feststellbare geschichtliche Erscheinung, die aber besonders für die Bestrebungen der Großmächte in der Zeit etwa von 1870 bis 1914 bezeichnend ist. Lenin hat den Begriff I. durch seine 1917 verfaßte Schrift „Der I. als höchstes Stadium des Kapitalismus“ eingeengt und nur zur Charakterisierung eines Teilabschnitts der kapitalistischen Entwicklung verwendet. Nach ihm ist I. „der Kapitalismus auf einer Entwicklungsstufe, auf der die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport eine hervorragende Bedeutung gewonnen, die Verteilung der Welt durch die internationalen Truste begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist“. Als solcher sei er „Monopolkapitalismus“, „verfaulender Übergangskapitalismus“ oder „sterbender Kapitalismus“, weil das Monopol den Übergang vom Kapitalismus zu einer höheren Ordnung darstelle. Die bolschewistische Revolution von 1917 fußte mit ihrem viel weiter gesteckten Ziel, Auftakt zur Weltrevolution zu sein, weitgehend auf dieser durch die weitere Geschichte als unzulänglich erwiesenen Einschätzung. (Historischer Materialismus, Stalinismus, Bolschewismus, Marxismus-Leninismus, Koexistenz, Krise, Staatsmonopolismus)
Literaturangaben
- Wetter, Gustav A.: Philosophie und Naturwissenschaft in der Sowjetunion (Rowohlts deutsche Enzyklopädie, 67). Hamburg 1958, Rowohlt. 195 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 204