DDR von A-Z, Band 1966

Lebensstandard (1966)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979 1985


 

Das allgemeine Niveau der Lebenshaltung in der SBZ hat sich in den letzten Jahren gehoben. Trotzdem besteht noch immer ein beträchtlicher Abstand von der Lebenshaltung in der BRD. 1963 lagen die nominellen Bruttolöhne der Arbeitnehmer in der SBZ um rund 37 v. H. unter dem Stand der westdeutschen Arbeitnehmer. Westdeutsche Sachverständige nehmen an, daß der Rückstand des L. einer Familie mit „mittlerem Einkommen“ in der SBZ gegenüber einer vergleichbaren Familie in der BRD 1965 unter Berücksichtigung der geringeren Kaufkraft des Geldes in der Zone mindestens 40 v. H. betrug.

 

Neben den Lebenshaltungskosten sind für den L. folgende Momente von Bedeutung;

 

1. Die Entwicklung zur Zentralverwaltungswirtschaft (Wirtschaft) hat zur Folge, daß der L. die für diese Wirtschaftsordnung typischen Disproportionen und zeitlichen oder örtlichen Zerrungen aufweist. Das System der staatlichen Wirtschaftsplanung verursacht immer wiederkehrende Versorgungslücken, die den L. der Zonenbevölkerung wesentlich beeinflussen.

 

2. Die kommun. Agrarpolitik führt dazu, daß Grundnahrungsmittel, auch solche, die das Gebiet früher im Überfluß erzeugte, häufig entweder gar nicht oder nur in unzureichenden Mengen erhältlich sind (z. B. Butter und Fleisch).

 

3. Die Konsumgüterversorgung wird aus wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten immer noch quantitativ und qualitativ zugunsten des Produktionsmittelprimats vernachlässigt.

 

4. Eine dünne Schicht von Parteifunktionären, Angehörigen der Intelligenz und anderer Mangelberufe bezieht Einkommen, die ein Mehrfaches der Durchschnittseinkommen ausmachen. Die Masse der Arbeitnehmer kann einen höheren L. auch nicht durch größere Leistungen erreichen. (Lohnpolitik)

 

5. Das „Bildungsprivileg der Besitzenden“ ist mit Hilfe des Zulassungsverfahrens und eines reich dotierten Stipendien-Wesens weitestgehend an „Arbeiter- und Bauernkinder“ übergegangen, die dafür Beschränkungen in der Berufswahl und im Berufsweg in Kauf nehmen müssen.

 

6. Kulturgüter sind erschwinglich, werden der Bevölkerung auch durch Besucherorganisationen und Verlagerung des „Kulturkonsums“ in die Betriebe (Kulturpolitik, kulturelle Massenarbeit, Volkskunst, Laienkunst) nahegebracht, stehen aber weithin im Dienst der politischen und der Produktionspropaganda.

 

7. Das System der sozialen Leistungen (Sozialversicherungs- u. Versorgungswesen) wird ebenfalls vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der Steigerung der Arbeitsproduktivität und der Ausschöpfung aller Arbeitskräftereserven gehandhabt.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 281


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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