DDR von A-Z, Band 1966

Militärgerichtsbarkeit (1966)

 

 

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979


 

Das zusammen mit dem Wehrpflichtgesetz erlassene Gesetz zur Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 24. 1. 1962 (GBl. I, S. 28) bestimmte, daß die Rechtsprechung in Strafsachen gegen Militärpersonen und gegen Teilnehmer an Straftaten, die gegen die militärische Sicherheit gerichtet sind, von Militärgerichten ausgeübt wird. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes wurde über Anklagen wegen militärischer Delikte vor den ordentlichen Gerichten unter Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt. Nunmehr richten sich Aufbau und Zuständigkeit der M. nach dem Erlaß des Staatsrates über die Stellung und die Aufgaben der Gerichte für Militärstrafsachen (Militärgerichtsordnung) vom 4. 4. 1963 (GBl. I, S. 71). Danach wird die M. „von dem Obersten Gericht, bei dem ein Kollegium für Militärstrafsachen gebildet wird, von den Militärobergerichten und Militärgerichten ausgeübt“. Die Gerichte für Militärstrafsachen werden als „Organe der einheitlichen sozialistischen Staatsmacht“ bezeichnet, die als Teile des Gerichtssystems der „DDR“ zu arbeiten haben. Sie sollen durch ihre Tätigkeit die Aufgaben der sozialistischen Rechtspflege in der Nationalen Volksarmee und den Organen des Wehrersatzdienstes verwirklichen und im Rahmen ihrer Zuständigkeit den Kampf gegen die Angriffe auf die militärische Sicherheit und die Kampfkraft und Gefechtsbereitschaft dieser Organe führen (§ 2). Die Leitung der Rechtsprechung liegt auch hier beim OG (Gerichtsverfassung). Die Militärgerichte sind nicht nur für die Rechtsprechung gegenüber Militärpersonen zuständig, sondern für alle Personen, „die durch Spionage, Diversion oder Sabotage die militärische Sicherheit gefährden“ (§ 4).

 

Die Militärrichter des OG werden auf Vorschlag des Staatsrates durch die Volkskammer auf 4 Jahre gewählt. Für denselben Zeitraum werden die Richter der Militärobergerichte und der Militärgerichte auf Vorschlag des Nationalen Verteidigungsrates vom Staatsrat gewählt (§ 10). Anzahl und Einsatz der Militärrichter werden vom Minister für Nationale Verteidigung bestimmt (§ 11). Die die Richter wählenden Organe sind auch für ihre vorzeitige Abberufung zuständig. In den Stäben, Truppenteilen, Einheiten und Dienststellen der Nationalen Volksarmee und der Organe des Wehrersatzdienstes worden Militärschöffen auf die Dauer von 2 Jahren gewählt (§ 16). Der Standort und die örtliche Zuständigkeit der Militärgerichte und Militärobergerichte werden vom Minister für Nationale Verteidigung unter Berücksichtigung der militärischen Notwendigkeit festgelegt (§ 19).

 

Die sachliche Zuständigkeit ist entsprechend der allgemeinen Zuständigkeit in Strafsachen geregelt. Darüber hinaus sind die Militärstrafsenate des OG zuständig für die Entscheidung über strafbare Handlungen, die von Militärpersonen ab Dienstgrad Generalmajor/Konteradmiral oder Dienststellung Divisionskommandeur begangen werden, die Militärobergerichte ab Dienstgrad Major/Korvettenkapitän oder ab Dienststellung Regimentskommandeur. Im Gegensatz zu den Bezirksgerichten haben die Militärobergerichte zwar auch ein Plenum, aber kein Präsidium. Für die Organisierung der Tätigkeit des MilOG und seines Plenums ist der Leiter des MilOG allein verantwortlich. Das MilOG-Plenum entscheidet über Kassationsanträge (Kassation) gegen Entscheidungen der MilG. Kassationsinstanz sind ebenfalls (bei Entscheidungen der MilOG ausschließlich) die Militärstrafsenate des Kollegiums des OG.

 

Für die Revision der MilOG und MilG, die politische, fachliche und militärische Qualifizierung der Militärrichter ist die im Ministerium der Justiz neu gebildete Hauptabteilung Militärgerichte zuständig. Der Leiter dieser Hauptabteilung ist in militärischen Fragen und disziplinarisch dem Minister für Nationale Verteidigung unterstellt. (Militärstaatsanwaltschaft, Militärstrafrecht, Rechtswesen)


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 311


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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