DDR von A-Z, Band 1966

Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) (1966)

 

 

Siehe auch:


 

Wirtschaftsblock der sowjet. Satellitenländer, auf Betreiben der SU am 25. 1. 1949 auf einer Konferenz von Vertretern Bulgariens, Ungarns, Polens, Rumäniens, der SU und der Tschechoslowakei gegründet. Im gleichen Jahr trat Albanien dem Rat bei; 1950 wurde die SBZ und 1962 die Mongolische Volksrepublik Mitglied. China, Korea und Vietnam sind ständige Beobachter der Ratstagungen. Verschiedentlich nahm auch Jugoslawien daran teil. Über den RGW übt die SU maßgeblichen Einfluß auf die weitere Entwicklung in den angeschlossenen Ländern aus.

 

Die Organe des RGW sind: die Ratstagung, die Tagung der Ländervertreter, die Ständigen Kommissionen und (seit Juni 1962) das Exekutivkomitee. Sitz des organisatorischen Zentrums des RGW ist Moskau. Der Rat tagt im Turnus in einer der Hauptstädte der Mitgliedsländer. Bisher fanden 19 Ratstagungen statt. Auf der 16. Tagung vom Juni 1962, die mit einer Tagung der kommun. Parteiführer aller RGW-Länder verbunden war, wurden die „Grundprinzipien der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung“ beschlossen. Danach sollte die Entwicklung im RGW nicht; mehr auf der Grundlage von „Empfehlungen“, sondern von Verpflichtungen beruhen. Die Bildung eines Exekutivkomitees war der Ausdruck dieses neuen Kurses im RGW. Es war geplant, die Volkswirtschaftspläne aller Mitgliedsländer vollständig zu koordinieren und ihre Industrieproduktion zu spezialisieren. Weitgehende Spezialisierungspläne auf dem Gebiet des Maschinenbaus waren vorgesehen. Grundsätzlich sollte dasjenige Land die Produktion übernehmen, in dem die günstigsten Bedingungen dafür vorhanden sind.

 

Tatsächlich sind seitdem nur verhältnismäßig wenige Produktionsabsprachen wirksam geworden. Die Verflechtung der Sowjetblockländer vollzieht sich offenbar nicht ohne Reibungen und Widerstände, da auch Planwirtschaftssysteme nationale Interessen berücksichtigt wissen möchten. Der Widerstand der Sowjetblockländer gegen eine volle Koordinierung ihrer Wirtschaftspläne resultiert nicht zuletzt daraus, daß die SU sich nicht daran beteiligt. Die SU nimmt für sich in Anspruch, „als eine der größten Weltmächte die Industrie universell zu entwickeln, da sie imstande ist, die Spezialisierung und Koordinierung innerhalb des eigenen Landes zu organisieren“ (Chruschtschow). Nach einer anderen Äußerung des früheren Regierungschefs ist der Umfang der gegenseitigen Lieferungen von Erzeugnissen des Maschinenbaus zwischen den Sowjetblockländern bisher in geringerem Maße gestiegen als die Produktion solcher Erzeugnisse in diesen Ländern. Seit 1963 ist der Trend zu bilateralen Vereinbarungen zwischen den Sowjetblockländern stärker geworden gegenüber der multilateralen Steuerung der Produktion und des Handels über die Zentrale des RGW in Moskau.

 

Am 1. Jan. 1964 nahm die Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Moskau ihre Tätigkeit auf. Damit sind jetzt in begrenztem Maße multilaterale Verrechnungen zwischen den beteiligten Ländern möglich. Eine echte Integration dieser Länder ist jedoch u.a. auch solange nicht möglich, wie unterschiedliche Produktionsbedingungen in den einzelnen Ländern unterschiedliche Produktionskosten bedingen, so daß ein einheitliches Preissystem nur auf der Basis der Subventionierung der industriell weniger entwickelten Mitgliedsländer des RGW beruhen könnte.

 

Die Situation im RGW ist also auf dem Gebiet der Preise ganz ähnlich wie die in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), wo das Problem der unterschiedlichen Produktivität — und damit das der unterschiedlichen Preise — durch sog. „Abschöpfungen“ gelöst werden soll.

 

Literaturangaben

  • Hermes, Theodor: Der Außenhandel in den Ostblockstaaten — Theorie und Praxis. Hamburg 1958, Cram de Gruyter u. Co. 177 S.
  • Hoffmann, Emil: Comecon — der gemeinsame Markt in Osteuropa (Die großen Märkte der Welt, Bd. 3) Opladen 1961, C. W. Leske. 174 S. (Quart).
  • Klinkmüller, Erich, und Maria E. Ruban: Die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Ostblockstaaten (Wirtschaftswissensch. Veröff. d. Osteuropa-Instituts a. d. Freien Univ. Berlin, Bd. 12). Berlin 1960, Duncker und Humblot. 319 S.
  • Pritzel, Konstantin: Die wirtschaftliche Integration der SBZ in den Ostblock und ihre politischen Aspekte. 2., erw. Aufl. (BB) 1965. 296 S.
  • Uschakow, Alexander: Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon) (Dokumente zum Ostrecht, Bd. 2). Köln 1962, Verlag Wissenschaft und Politik. 206 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 378


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.