
Sowjetisches Militärtribunal (SMT) (1966)
Siehe auch:
Vor den SMT wurden bis zum 27. 4. 1957 nicht nur sowjet. Soldaten, sondern auch deutsche Staatsbürger angeklagt und nach sowjet. Recht verurteilt (Politische ➝Häftlinge). Das Verfahren war der SBZ-Justiz entzogen. Mit allen Mitteln versuchten die Kommissare, ein Geständnis zu erlisten oder zu erpressen. Die Protokolle wurden in russischer Sprache abgefaßt. Die Akten der Voruntersuchung hatten in der Gerichtsverhandlung absolute Beweiskraft. Dem Angeklagten konnte das Recht auf mündliche Selbstverteidigung genommen werden. Das Gericht durfte auch Beweisstücke verwenden, die dem Angeklagten unbekannt blieben, konnte also Spitzelmeldungen heranziehen, ohne daß der Angeklagte etwas dagegen Vorbringen konnte. Die Verfahren wurden oft in fünf bis zehn Minuten abgewickelt. Die Anklage stützte sich fast ausschließlich auf eines der „gegenrevolutionären Verbrechen“ (§ 58 StGB der RSFSR, gelegentlich auch § 59). Die Strafe lautete im Regelfälle auf 25 Jahre Zwangsarbeit. [S. 429]Anfechtung des Urteils war bei den wichtigsten „gegenrevolutionären Verbrechen“ ausgeschlossen, in den übrigen Fällen war sie praktisch aussichtslos, weil sie nur Formfehler und „offensichtliche Ungerechtigkeit“ angreifen durfte. Die Verurteilten blieben bis Anfang 1950 zum größten Teil in den Konzentrationslagern. Mit Auflösung dieser Lager wurden nach sowjetamtlichen Angaben 5.504 Verurteilte vorzeitig auf freien Fuß gesetzt, während der größte Teil der Verurteilten in die SU deportiert wurde, der Rest wurde in Strafanstalten der SBZ eingeliefert. Die in sowjet. Besserungsarbeitslager (ITL) überführten Verurteilten blieben für ihre Angehörigen verschollen, während den Insassen der Zuchthäuser ein beschränkter Briefverkehr gestattet war.
Nachdem die Sowjets Anfang 1954 6.143 Gefangene, die von SMT verurteilt worden waren und ihre Strafen zum Teil in der SBZ, zum Teil in der SU verbüßten, vorzeitig aus der Haft entlassen hatten, teilte der sowjet. Hohe Kommissar im Okt. 1954 dem sowjetzonalen Ministerrat mit, daß alle seit 1945 von SMT verurteilten Deutschen, die zur Zeit ihre Strafe in einer in der SBZ gelegenen Strafanstalt verbüßen, in die Zuständigkeit der deutschen Behörden übergeben würden. Damit war die Entscheidungsbefugnis über Begnadigung und Haftentlassung dieser Verurteilten auf die hierfür zuständigen Organe der SBZ übertragen worden. (Gnadenrecht, Rechtswesen) Mitte 1955 setzte Wilhelm ➝Pieck einen Teil der unmenschlich hohen Freiheitsstrafen herab. Diese Strafherabsetzungen hatten keine Haftentlassungen zur Folge. Auch nach dem „Gnadenerlaß“ blieben in der Regel noch Reststrafen von zwei bis fünf Jahren Zuchthaus zu verbüßen. Weihnachten 1955 erfolgten dann vorzeitige Haftentlassungen von 2.616 Verurteilten (Amnestie). Weitere Begnadigungen und vorzeitige Haftentlassungen folgten 1956 und 1957, so daß sich heute nur noch wenige SMT-Verurteilte in den Strafanstalten der SBZ befinden. Seit dem Inkrafttreten des „Abkommens über Fragen, die mit der zeitweiligen Stationierung sowjet. Streitkräfte auf dem Territorium der DDR Zusammenhängen“ am 27. 4. 1957 (GBl. 1957, S. 237 und S. 285) sind die SMT nur noch für die Aburteilung strafbarer Handlungen von Angehörigen der sowjet. Streitkräfte oder deren Familienangehörigen zuständig, die gegen die SU, gegen Armeeangehörige oder deren Familienangehörige gerichtet oder bei Ausübung dienstlicher Obliegenheiten begangen worden sind. (Rechtshilfeabkommen)
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 428–429
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