Weltgewerkschaftsbund (1966)
Siehe auch:
Seit 1941 wünschten linke englische Gewerkschafter, den „Internationalen Gewerkschaftsbund“ von 1901 durch einen neuen Verband zus. mit Gewerkschaften der SU zu ersetzen. Febr. 1945 tagte die 1., Okt. 1945 die 2. Weltgewerkschaftskonferenz, die aus 56 Ländern den WGB gründete — nur die CIO (Congress of Industrial Organisation) der USA blieb fern. Juli 1949 wurden die „Internationalen Gewerkschaftsvereinigungen“ als Vertreter der 12 Berufsabt. beschlossen. Der französische Kommunist Louis Saillant wurde Generalsekr. des WGB.
Nach 4 „Interzonen-Konferenzen“ nahmen deutsche Gewerkschaftler Juni 1947 erstmals an WGB-Tagung teil: Aufnahme der Deutschen von Bildung einer „gesamtdeutschen Gewerkschaftsvertretung“ abhängig gemacht. Wegen der kommun. Herrschaft im WGB verließen die DGB-Vorsitzenden Tarnow und Boeckler die 9. Interzonen- Konferenz (Aug. 1948), doch kam der FDGB Jan. 1949 in den WGB. Im selben Monat verließen Amerikaner, Engländer und Holländer den WGB, da sie ihn als kommun. Tarnorganisation erkannten, und gründeten den „Internationalen Bund freier Gewerkschaften“ (IBFG), der alle Gewerkschaften der freien Welt, auch den DGB, umfaßt. (Dieser zählte 1965 etwa 61 Mill. Mitgl.)
Oberstes Organ ist der WGB-Kongreß, der alle 4 Jahre tagt und den jährlich tagenden Generalrat wählt; diesen vertritt das Exekutivkomitee, dem u. a. Herbert Warnke vom FDGB angehört. Der WGB ist tatsächlich, wie der Weltfriedensrat, eine getarnte Ersatzorganisation der offiziell aufgelösten Komintern. Präs. des WGB: der italienische Kommunist Renato Bitossi, Generalsekr.: Saillant. Sitz des WGB ist seit 1956 Prag. — Auf dem VI. Kongreß, Okt. 1965, sollen angeblich 122 Mill. Mitgl. vertreten gewesen sein, dazu 28 Mill. Mitgl. von Gewerkschaften, die dem WGB nicht angehören.
Febr. 1956 wies die österreichische Regierung die Zentrale des W GB aus Wien aus, da er einseitig prosowjetisch arbeitete. April 1959 nahm er z. B. gegen den „deutschen Militarismus“ der BRD und die NATO Stellung, ohne die Angriffsrüstung der SU zu kritisieren. — Febr. 1961 betonte das Exek.-Kom. die „Prinzipien des WGB … Klassenkampf und proletarischen Internationalismus“ (s. „Neues Deutschland“, 4. 2. 1961) und machte sich die Angriffe der SU gegen NATO und BRD zu eigen. Es forderte stärkere Bemühung um außereurop. Arbeiter, tarnte jedoch das Ziel (Diktatur des Proletariats) in der üblichen Weise mit der Formel „Nationale Demokratie“. — Eine in Ostberlin tagende Konferenz des WGB trat im Sept. 1961 für die Mauer und den von der SU geforderten Friedensvertrag mit Deutschland ein.
Auf dem V. WGB-Kongreß (Dez. 1961) versuchte der langjährige Präsident Novella vergeblich, den starr zentralisierten Aufbau und die harte Taktik des WGB aufzulockern, um den Kampf für den Kommunismus zu erleichtern und zu wirklicher Aktionseinheit zu kommen. Nachfolger wurde der linientreue italienische Altkommunist Bitossi. — Sein Zusammenspiel mit dem Sowjetimperialismus verschleierte der WGB in einer Entschließung, die er auf dem V. Kongreß annahm. Darin verlangte [S. 530]er vor allem Koexistenz und verurteilte Militarismus und Kolonialismus (nichtsowjetischer Art).
Die Form, in der der WGB seine Ziele tarnt, trat auf der „Konferenz zur Bildung eines Weltgewerkschaftskomitees für Konsultation und antimonopolistische Aktionseinheit“ zutage. (Nov. 1963 in Leipzig): Die diesjährigen Streiks, so sagte Saillant, zeigten „die steigende Bedeutung der Arbeitseinstellungen zur Unterstützung des Kampfes der Werktätigen für Frieden und Abrüstung, gegen den Faschismus und die Reaktion, gegen den alten und neuen Kolonialismus und für eine echte nationale Unabhängigkeit“ („Tribüne“ vom 28. 11. 1963).
Auf dem VI. Kongreß (Okt. 1965) in Warschau gelang es der sowjetfreundlichen Mehrheit, die rührige chinesische Opposition (Chinesisch-Sowjetischer Konflikt) im Zaume zu halten. Es ging u.a. um die Frage, ob mit den nichtkommun. Gewerkschaften eine taktische Fühlung und Aktionseinheit herzustellen sei.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 529–530