
Wohnungswesen (1966)
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Der Wohnungsfehlbestand in der SBZ ist nach Schätzungen westdeutscher Sachverständiger für Ende 1965 mit etwa 770.000 Wohnungen anzunehmen. Er ist demnach, bezogen auf die unterschiedliche Bevölkerungszahl, größer als in der BRD. In der SBZ sind annähernd 90 v. H. der vorhandenen Wohnungen in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg gebaut worden (Vergleich: in der BRD etwa 60 v. H. des Bestandes). Neun Zehntel der in der SBZ vor 1918 gebauten Wohnungen (mehr als 3 Mill.) weisen wegen unterlassener Werterhaltungsmaßnahmen nach offiziöser Äußerung „schwere und geringere Schäden“ auf. (Wohnungsbau) Bei den staatlichen Organen (Räte der Kreise, der Bezirke und Gemeinden) bestehen Wohnungskommissionen, die über die Wohnraumverwendung entscheiden. Ausschlaggebend für die „gerechte“ Verteilung von Wohnraum ist die „Leistung“ des Wohnungssuchenden oder Wohnungsinhabers „für den Aufbau der DDR“. Die Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) nehmen Einfluß auf die Verteilung fertiggestellter Wohnungen, aber auch auf die Verteilung des Altwohnraums.
Seit März 1958 bestehen in den meisten Städten der SBZ „Volkseigene Kommunale Wohnungsverwaltungen“, deren Aufgabe es ist, die in den Nachkriegsjahren auf Grund der sowjet. Befehle enteigneten Grundstücke (Eigentum, Enteignung) zu verwalten, ebenso Grundstücke mit ausländischen oder westdeutschen Eigentümern, ferner Grundbesitz von Personen, die nach dem 17. Juni 1953 die SBZ „illegal“ verlassen haben. Die „Volkseigenen Kommunalen Wohnungsverwaltungen“ sind auch die Träger des „volkseigenen Wohnungsbaus“. Erträge aus Grundstücken bzw. Wohnungen, deren Eigentümer bereits vor 1945 im Ausland oder in der BRD lebten, werden nach Abzug der Instandhaltungs- und Verwaltungskosten einem Sperrkonto bei der Deutschen Notenbank überwiesen. Grundstücke bzw. Wohnungen von nach dem 17. 6. 1953 nach der BRD abgewanderten Eigentümern wurden von den „Kommunalen Wohnungsverwaltungen“ in Treuhänderschaft übernommen. Die Eigentümer haben kein Recht auf die Erteilung von Auskünften oder auf Zahlung von Erträgen aus der Vermietung.
Die Arbeiten zur Werterhaltung der Wohnungen sind bisher sehr vernachlässigt worden. Das Material dafür ist knapp, und die Baubetriebe — auch die in den PGH zusammengeschlossenen handwerklichen Baubetriebe — sind vorwiegend für staatliche Investbauten und sonstige öffentliche Bauarbeiten eingesetzt.
Im Nov. 1963 beschloß der Ministerrat, die „Volkseigenen kommunalen Wohnungsverwaltungen“, die nur für enteignete und neu gebaute „volkseigene“ Wohnungen zuständig waren, in neuartige „Wohnungsverwaltungen in den städtischen Wohngebieten“ umzuwandeln. Damit wurden nunmehr auch die noch in privatem Besitz befindlichen Wohnungen (etwa 70 v. H. des Gesamtbestandes) in die Verwaltung durch die Behörden einbezogen. Die neuen Wohnungsverwaltungen sollen „mit Hilfe der Bevölkerung für die Werterhaltung und richtige Verteilung des Wohnraumes verantwortlich“ sein. Unter dem Vorwand, daß es sich dabei um eine Form der Mietermitverwaltung handelt, sollen dio Mieter auch zu kostenlosen Reparaturleistungen an den privaten Wohngrundstücken herangezogen werden.
Die Wohnungsmieten betragen in Neubauten zwischen –,65 und 1,10 DM Ost je qm. Altbaumieten sind noch auf dem Stand des Jahres 1938 gestoppt. Auch diese niedrigen Mieteinnahmen, die größere Werterhaltungsvorhaben ausschließen, erklären den durchweg abgewirtschafteten Zustand der meisten Miethäuser.
Literaturangaben
- Faber, Dorothea: Die Wohnungswirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1953. 56 S. m. 12 Anlagen.
- Plönies, Bartho: Planen und Bauen in der sowjetischen Besatzungszone und im Sowjetsektor von Berlin. 2., erw. Aufl. (BB) 1953. 134 S. m. 16 Anlagen.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 547