
Alkoholmißbrauch (1969)
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Der Alkoholverbrauch hat in den letzten Jahren ständig zugenommen. Von 1957 bis 1965 stieg der Pro-Kopf-Verbrauch von Spirituosen von 3,6 l auf 4,7 l und von Wein und Sekt von 1,8 l auf 4,2 l. Gleichzeitig weist die Alkohol-Kriminalität seit Jahren eine steigende Tendenz auf. Dabei ist festzustellen, daß die Bezirke, die Spitzenpositionen im Alkoholkonsum erreichten, jeweils auch die größte Kriminalität hatten.
Der A. gilt als eine der Hauptursachen der Kriminalität. Nach Angaben der Kriminalitätsstatistik sind 1967 31 v. H. aller Straftaten unter Alkoholeinwirkung begangen worden. Verschiedene Delikte, wie Raub (52,2 v. H.), Notzucht (53,6 v. H.), vorsätzliche Körperverletzung (54,8 v. H.), Sachbeschädigung (über 60 v. H.) und Verkehrsdelikte (66,2 v. H.) wurden überwiegend unter Alkoholeinfluß begangen. Etwa 50 v. H. der Alkoholtäter sind Personen, die häufig Alkohol zu sich nehmen. Von den Justizorganen wird deshalb eine wirksamere Bekämpfung und Verhütung der Alkoholkriminalität gefordert. Verminderte Zurechnungsfähigkeit bzw. Unzurechnungsfähigkeit durch Alkoholgenuß begründet nach dem neuen Strafgesetzbuch (StGB) weder einen Strafmilderungs- noch einen Schuldausschließungsgrund. Bei schuldhaft herbeigeführter Unzurechnungsfähigkeit ist der Täter nach dem von ihm verletzten Gesetz zu bestrafen.
Dem Schutz der Jugend vor A. dient die Vorschrift des § 147 StGB, der die Verleitung von Kindern und Jugendlichen zum A. mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Strafen ohne Freiheitsentzug bedroht. Diese Strafbestimmung richtet sich vor allem gegen Gastwirte, die pflichtwidrig alkoholische Getränke an Jugendliche abgeben.
A. wird auch als eine wesentliche Ursache für andere Störungen des gesellschaftlichen Lebens angesehen. Rund 20 v. H. der Ehescheidungen sollen auf A. zurückzuführen sein. Die Tatsache, daß 1967 im Bauwesen 12,2 v. H. der tödlichen Unfälle infolge A. eingetreten sind, wird als besonders besorgniserregend bezeichnet.
Der Alkoholgenuß während der Arbeitszeit wird seit langem scharf kritisiert, da er die Arbeitsproduktivität störe und häufig Gesetzesverletzungen zur Folge habe. Der Kampf gegen den Alkohol sei daher Aufgabe aller gesellschaftlichen Kräfte. Als Maßnahmen gegen A. werden verstärkte Aufklärungsarbeit, höhere Preise für alkoholische Getränke und Verbot der Werbung für hochprozentigen Alkohol gefordert. Nach einer VO vorn 22. 9. 1962 (GBl. II, S. 684) gehören die Kosten für ärztliche Behandlung und Beförderung bei A. nicht zu den Leistungen der Sozialversicherung und sind daher vom Betroffenen selbst zu tragen.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 22
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