
Atheismus (1969)
Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1975 1979
Nach der kommun. Lehre ist jede Religion eine Verkörperung von Aberglauben, der geeignet sei, jeden Fortschritt im Sinne des Kommunismus aufzuhalten. „Die Religion ist das Opium des Volkes — dieser Ausspruch von Marx ist der Eckpfeiler der ganzen Weltanschauung des Marxismus in der Religionsfrage. Der Marxismus betrachtet alle heutigen Religionen und Kirchen, alle und jegliche religiösen Organisationen stets als Organe der bürgerlichen Reaktion, die dem Schutz der Ausbreitung und der Umnebelung der Arbeiterklasse dienen.“ Dieser Ausspruch von Lenin („Das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion“) ist charakteristisch für das grundlegende Ziel des Kommunismus, alle Religionen zu vernichten. Die Religionen seien ein Werkzeug der ausbeutenden Klasse. Kein Arbeiter oder Bauer könne Interesse daran haben, sein materielles Los auf dieser Welt zu verbessern, wenn er einen religiösen Glauben habe. An Stelle einer religiösen Vorstellung setzt der Kommunismus ein pseudo-religiöses Glaubenssystem, ein kommun. Glaubensbekenntnis, dessen Grundlage die klassischen Schriften von Marx, Engels, Lenin und Stalin sind und dessen „Kirche“ der Parteiapparat mit seinen Funktionären ist. Von seinen Anhängern fordert er unter Androhung des Parteiausschlusses mit allen seinen Folgen fanatischen Gehorsam. Auch wenn sich bestimmte Perioden taktisch begründeter „Duldsamkeit“ gegenüber religiösen Gemeinschaften abzeichnen, hat sich die Grundeinstellung bis zur Gegenwart nicht geändert. Der kommun. Ä. hat seine Wurzeln in der philosophischen Auffassung des Dialektischen und Historischen Materialismus und fand seine erste taktische Anwendung durch Lenin und Stalin in der SU.
In der „DDR“ wird der A. vorwiegend von der Urania propagiert. Seit Dez. 1963 besteht an der Universität Jena ein Lehrstuhl für wissenschaftlichen A., dessen „Aufgabe es sein wird, nachzuweisen, daß die Naturwissenschaft zu materialistisch-atheistischen Konsequenzen führt, die keinen Raum für eine Gottesherrschaft lassen“. Im Mai 1964 wurde am Institut für Philosophie der TU Dresden ein Arbeitskreis „Wissenschaftlicher A.“ gebildet, der sich „aus dem Blickwinkel der Technik-Wissenschaften mit religiösen Technik-Deutungen auseinandersetzen muß“. 1965 wurde ein „Internationales Kolloquium über Religionssoziologie der sozialistischen Länder“ eingerichtet. (Kirchensteuer, Kirchenpolitik)
Literaturangaben
- Adolph, Walter: Atheismus am Steuer. Berlin 1956, Morus-Verlag. 103 S.
- Galter, Alberto: Das Rotbuch der verfolgten Kirche. Recklinghausen 1957, Paulus-Verlag. 500 S.
- Karisch, Rudolf: Christ und Diamat — Der Christ und der Dialektische Materialismus. 3., erw. Aufl., Berlin 1958, Morus-Verlag. 206 S.
- Koch, Hans-Gerhard: Die Abschaffung Gottes — der materialistische Atheismus … Stuttgart 1961, Quell-Verlag. 291 S.
- Koch, Hans-Gerhard: Neue Erde ohne Himmel — Der Kampf des Atheismus gegen das Christentum in der „DDR“… Stuttgart 1963, Quell-Verlag. 591 S.
- Shuster, George N.: Religion hinter dem Eisernen Vorhang (übers. a. d. Amerik.). Würzburg 1954, Marienburg Verlag. 288 S.
- Unrecht als System, Bd. II — Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet 1952 bis 1954. (BMG) 1955. 293 S. Eine englische, eine französische und eine spanische Ausgabe bringen die in Bd. I zusammengestellten Dokumente.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 54