
Bodennutzungsgebühr (1969)
Siehe auch die Jahre 1975 1979
Die VO über die Einführung einer B. wurde vom Ministerrat am 15. 6. 1967 beschlossen. Danach müssen, beginnend mit dem 1. 1. 1968, von Industrie- und Gewerbebetrieben aller Eigentumsformen, Haushaltsorganisationen und gesellschaftlichen Organisationen bei Entzug von land- und forstwirtschaftlich genutztem Boden B. an die Abt. Finanzen der zuständigen Kreise gezahlt werden. Unabhängig davon sind nach wie vor noch eine nach der Bodennutzungs-VO vom 17. 12. 1964 zu zahlende Eigentümerentschädigung [S. 126]und die Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse zu entrichten. Während letztere die Beziehungen zwischen dem Eigentümer des Bodens und dem Nutzer, der das Land für andere als für land- und forstwirtschaftliche Zwecke in Anspruch nimmt, regelt, legt die VO über die B. die ökonomischen Stimuli für die effektive Nutzung des Bodens fest. Sie ist, entsprechend der Bodenqualität und Bodennutzungsart, zwischen 30.000 und 400.000 M je Hektar stark differenziert. Man will erreichen, daß land- und forstwirtschaftliche Bodenflächen für Bau- und Investitionsvorhaben nur dort in Anspruch genommen werden, wo es unbedingt notwendig ist, und möglichst nur Boden geringster Qualität verwendet wird.
Zwischen 1952 und 1967 hat die landwirtschaftliche Nutzfläche der „DDR“ um rd. 182.000 ha abgenommen. Diese Fläche entspricht etwa einem Anteil von über 86 v. H. der Nutzfläche des Bezirkes Gera. Sie würde ausreichen, um jährlich eine landwirtschaftliche Bruttoproduktion von 500 bis 600 Mill. M zu erzeugen, mit der etwa 600.000 Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt werden könnten. An diesem Entzug des land- und forstwirtschaftlichen Bodens waren beteiligt: die Industrie mit einem Anteil von 20–27 v. H., der Bergbau mit 18–22 v. H. und die Landwirtschaft mit 15–20 v. H. Der Rest entfällt auf Objekte des Wohnungsbaues sowie auf den Straßenbau und militärische Objekte einschließlich Sperrgebiete.
Andererseits haben nach den Ergebnissen der Bodenbenutzungserhebungen — ebenfalls zwischen 1952 und 1967 — die Gebäude- und Hofflächen, auf Ackerland befindliche Wirtschaftswege und Gräben sowie Parkanlagen, Übungsplätze usw., um fast 220.000 ha zugenommen. Auf diesen der Land- und Forstwirtschaft entzogenen Nutzflächen sind erhebliche gesellschaftliche Aufwendungen (lebendige Arbeit, Düngemittel, Meliorationen usw.) außer Kraft gesetzt worden. Sie müssen durch erneute und höhere Importe ausgeglichen werden. Zum Vergleich sei erwähnt, daß (ebenfalls in der Zeit von 1952 bis 1967) die landwirtschaftliche Nutzfläche der BRD um rd. 500.000 ha zurückging.
Die B. beträgt in Abhängigkeit von Bodennutzung und Bodenqualität je ha: bei Ackerland (einschl. Wechselnutzung 60.000 bis 400.000 M, bei Grünland (Wiesen, Weiden, Hutungen) 35.000–250.000 M, bei Forsten und Holzungen 30.000–150.000 M, bei Obstanlagen, Baumschulen, Weingärten und Korbweideanlagen 400.000 M, bei Haus- und Kleingärten 100.000 M, bei ablaßbaren Teichen 30.000 M.
Auswirkungsberechnungen haben ergeben, daß sich bei Anwendung dieser Sätze die Kosten der Investitionen, bei denen land- und forstwirtschaftlicher Boden beansprucht wird, je nach Art der Vorhaben in den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft zwischen 2 und 33 v. H. erhöhen. Besonders erheblich wäre dieser erhöhte Investitionsbedarf im Bereich des Landwirtschaftsrates, der Ministerien für Volksbildung und Verkehrswesen sowie des Amtes für Wasserwirtschaft. Für diese Bereiche sind deshalb Ermäßigungen von 25 und 50 v. H. vorgesehen. Besondere Regelungen sind ebenfalls bei einem vorübergehenden Entzug von Boden zum Zwecke des Abbaues von mineralischen Rohstoffen vorgesehen. Die Bereiche des Wismut-Bergbaues und die Verteidigungs- und Ausbildungsorgane der Nationalen Volksarmee, bei denen die Standortwahl nicht eine Ermessensfrage ist, sind von der Zahlung der B. befreit. Das gleiche gilt für Baumaßnahmen zur Befriedigung des persönlichen Bedarfs, sofern sie auf eigenen Grundstücken vorgenommen werden.
Die B. ist von Investitionsträgern, die nach der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiten, aus Eigenmitteln bzw. Investitionskrediten zu zahlen. Die Investitionsträger sollen an einem sparsamen Umgang mit dem Boden interessiert sein. Bei einer Zahlung der B. aus den Kosten wäre dies nicht der Fall, da hier eine Abwälzung auf den Preis möglich ist. Alle übrigen Investitionsträger haben die B. im Rahmen der planmäßig bereitgestellten Investitionsmittel zu decken. Statistische Angaben über Investitionen der Wirtschaft sind deshalb ab 1968 mit weiteren Vorbehalten zu bewerten. Nachdem in den letzten Jahren die Subventionen für die Landwirtschaft stark eingeschränkt wurden, werden jetzt indirekte Subventionen aus dem Investitionsfonds gewährt.
Alle volkseigenen Betriebe, Genossenschaften und Organisationen, soweit sie nicht für planmäßige Wiederurbarmachungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen zuständig sind, erhalten die nachgewiesenen Kosten der Kultivierung aus der zentralisierten B. erstattet und außerdem eine Grundprämie von 5.000 M je Hektar sowie eine Prämie in Abhängigkeit von der erreichten Bodenqualität in Höhe von 1 v. H. der B. In Mitteldeutschland gibt es zur Zeit noch etwa 83.000 ha Ödland, 68.000 ha Abbauland und 146.000 ha Unland.
Der größte Teil der zentralisierten B. wird für die Land- und Forstwirtschaft zum Zwecke der Durchführung von Maßnahmen zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit sowie für weitere Intensivierungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Neulandgewinnung bereitgestellt. Die durch den Bodenentzug eingetretene Verringerung des Produktionsvermögens der Land- und Forstwirtschaft soll durch höhere Ertragsmöglichkeiten ausgeglichen werden.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 125–126