
Erzeugnisgruppen (1969)
Siehe auch die Jahre 1965 1966 1975 1979 1985
[S. 175]a) Gruppen von gleichen oder verwandten Erzeugnissen.
b) Gruppen von Betrieben eines Industriezweiges, die unabhängig von der Unterstellungs- und Eigentumsform nach dem technologischen Prinzip der gleichartigen Produktion (gleiche oder verwandte Erzeugnisse oder Halbfabrikate) zu technisch-ökonomischen Untergliederungen des Zweiges zusammengefaßt werden. Als eine wirtschaftliche Organisationsform sind sie ein wesentlicher Teil des industriellen Leitungssystems nach dem Produktionsprinzip. Vereinzelt existieren E. bereits ab 1958. In größerer Zahl entstanden sie ab 1961 in einigen Experimentier-VVB und ab 1963 in den VVB des Neuen ökonomischen Systems.
E. sollen zur Erreichung folgender wirtschaftspolitischer Ziele beitragen: a) die einheitliche ökonomische und technische Führung aller Betriebe eines Industriezweiges durch die VVB, b) die Aufdeckung und Ausnutzung aller Produktions- unc Forschungskapazitäten des Industriezweiges, c) die Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Spezialisierung und Standardisierung und die damit verbundene Einschränkung des Produktionssortiments, d) die Kontrolle der halbstaatlichen und privaten Betriebe.
b:Aufgaben und Zusammensetzung
Die wichtigsten Aufgaben der E. sind: a) Erarbeitung von Entwürfen für das Produktionsprogramm (wissenschaftlich-technische Erzeugniskonzeptionen), b) Entscheidungen zur Spezialisierung und Kombination auf der Grundlage ausgearbeiteter Vorschläge, c) Leistungsvergleiche und Verallgemeinerungen von Rationalisierungen, d) Bildung von Einrichtungen zur Lösung gemeinsamer Aufgaben (z. B. Einkaufs- und Verkaufsgemeinschaften), e) Koordinierung der vertikalen Kooperationsbeziehungen, f) Vorbereitung von Wettbewerben innerhalb der E. und zwischen den E., g) Leitung und Abstimmung der Forschung und Entwicklung innerhalb der E. Die Aufgaben werden von den E. unterschiedlich intensiv wahrgenommen.
Die VVB leiten die in der E.-Arbeit horizontal kooperierenden Betriebe und Genossenschaften an. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Räten bestimmen sie die Einteilung der E. und üben entscheidenden Einfluß auf deren Zusammensetzung aus. Während die VEB zur Teilnahme an der E.-Arbeit rechtlich verpflichtet sind, soll für die halbstaatlichen und privaten Betriebe sowie die ELG und industriell produzierenden PGH das Prinzip der Freiwilligkeit gelten. Die Zusammensetzung der E. ist abhängig von den typischen, sich aus Zahlen und Größen der Betriebe, Sortimentsbreiten, Fertigungsarten, Eigentums- und Unterstellungsverhältnissen ergebenden Produktionsbedingungen der Branchen. Der Industriezweig Elektrogeräte z. B. hat bei einem Produktionsprogramm von nahezu 10.000 Erzeugnissen folgende Struktur: Die VVB Elektrogeräte umfaßt 18 VEB, die in 10 E. mit 31 anderen VVB unterstellten VEB, 38 örtlich geleiteten VEB und 270 halbstaatlichen und privaten Betrieben sowie Genossenschaften des Industriezweiges zusammenarbeiten. Die E. sind: „Elektromotorische Haushaltgeräte“, „Elektrowärmegeräte“, „elektrische Handwerkzeuge“, „Wohnraumleuchten“, „Zweckleuchten“, „Kleinstmotoren“, „Kleingleichrichter“, „Fahrzeugelektrik“, „Primärelemente (Batterien)“ und „Sekundärelemente (Akkus)“ („Die Wirtschaft“, Nr. 30 v. 25. 7. 1968; „Neues Deutschland“ v. 11. 3. 1968). Typisch für die Zusammensetzung einer einzelnen großen E. ist die E. „Handwerkzeuge“ der VVB Eisen-, Blech- und Metallwaren. Sie besteht aus 19 VEB, 32 halbstaatlichen Betrieben, 10 Privatbetrieben, 30 PGH, 6 ELG und 6 Handwerksbetrieben mit insgesamt 3.600 Beschäftigten („National-Zeitung“ v. 11. 2. 1968).
E. sind sowohl Beratungs- wie Arbeitsgremien der VVB, wobei gelegentlich Verselbständigungstendenzen bei E. feststellbar sind. Von den VVB erhalten die E. verbindliche Rahmenarbeitspläne und Einzelanweisungen als Konkretisierungen der Perspektiv- und Jahrespläne der VVB und Bezirkswirtschaftsräte (BWR). Zur Durchführung und Organisation der Arbeit in den E. bestimmen die VVB in der Regel die technisch und ökonomisch qualifiziertesten Betriebe zu E.-Leitbetrieben und deren Werkdirektoren zu Leitern der E. Die E.-Leiter werden von den Generaldirektoren der VVB berufen und abberufen und damit in ein besonderes Leitungsverhältnis gesetzt. Sie sind dem Generaldirektor verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Sie erlangen bestimmte Rechte und Pflichten gegenüber den anderen E.-Mitgliedern.
Organisationsstruktur
Die Organisationsstruktur der E. ist nicht einheitlich geregelt. Generell existieren E.-Leitbetriebe und ständige Arbeitsgruppen bzw. Untergruppen. Letztere sind entwerfend, organisierend und kontrollierend tätig, wobei die Arbeitsgruppen „Wissenschaft und Technik“ und „Absatz“ von besonderer Bedeutung sind. Die Gruppen bilden sich aus Vertretern der E.-Mitglieder unter Leitung von Fachdirektoren der E.-Leitbetriebe oder der VVB. Eine zusätzliche Unterteilung der E. fachlich in Artikelgruppen oder territorial in E.-Untergruppen ist bei sehr großen E. anzutreffen. Spezielle Formen der Zusammenarbeit sind gemeinsame Einrichtungen (z. B. Muster- und Exportbüros), Vollversammlungen bzw. Mitgliederversammlungen und zeitweilige Arbeitsgruppen. 1967 wurde damit begonnen, aus Vertretern der mitarbeitenden Betriebe und Genossenschaften E.-Räte zu wählen. Die Räte beraten und beschließen grundsätzliche Aufgaben und koordinieren. Bei der Verbreitung und dem Ausbau der Räte besteht die Tendenz, Vertreter auch der örtlichen Organe und technisch-ökonomischer Organisationen (wie DAMW und TKO) aufzunehmen.
Die E. haben seit 1963 im Zuge der Entwicklung der VVB Kompetenzen hauptsächlich beim Einkauf und Absatz, in der Forschung und Entwicklung sowie auch bereits bei der Bilanzierung und Preisbildung gewonnen. Die Konfliktmöglichkeiten, die sich aus der Überlappung der beiden Leitungsbereiche der branchenförmig oder territorial zusammengefaßten Betriebe und Genossenschaften durch die E. für das Verhältnis zwischen VVB und BWR ergeben, konnten bisher nicht beseitigt werden. Daneben besteht fortgesetzt das technische Problem der zweckmäßigen Einteilung der Industrieproduktion in Zweige und E. (Leitbetrieb)
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 175
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