
Erziehungsrecht, elterliches (1969)
Siehe auch die Jahre 1966 1975 1979
Nach Art. 38 Abs. 4 der Verfassung vom 6. 4. 1968 ist es „das Recht und die vornehmste Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu gesunden und lebensfrohen, tüchtigen und allseitig gebildeten Menschen, zu staatsbewußten Bürgern zu erziehen“. Dabei sollen die Eltern „eng und vertrauensvoll mit der Schule, anderen Erziehungs- und Ausbildungseinrichtungen, mit der Pionierorganisation (Junge Pioniere) und der FDJ zusammenarbeiten und diese unterstützen“. Für eine solche verantwortungsvolle Erfüllung ihrer Erziehungspflichten sollen die Eltern ihre Kinder „zur sozialistischen Einstellung, zum Lernen und zur Arbeit, zur Achtung vor den arbeitenden Menschen, zur Einhaltung der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens, zur Solidarität, zum sozialistischen Patriotismus und Internationalismus“ erziehen. Die Eltern sind verpflichtet, das sozialistische Moral- und Rechtsbewußtsein ihrer Kinder zu entwickeln und sie vor jeder Gefährdung ihrer körperlichen, geistigen, moralischen und politischen Entwicklung zu schützen. Dazu gehört es, Schund- und Schmutzliteratur sowie das „Gift westlicher Radio- und Fernsehsendungen“ von den Jugendlichen fernzuhalten. Verletzungen dieser Erziehungspflichten sind nach § 142 des neuen Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren, in schweren Fällen bis zu 10 Jahren bedroht.
Zu den Rechten und Pflichten der Eltern gehören die Betreuung des Kindes, seine rechtliche Vertretung, das Recht, seinen Aufenthalt zu bestimmen, die Unterhaltspflicht und die Regelung der Vermögensangelegenheiten.
Nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Familienrecht, Gleichberechtigung der Frau) üben die Eltern das E. gemeinsam aus. Ist ein Elternteil verhindert, so ist der andere berechtigt, das E. allein wahrzunehmen. Über das E. nach der Ehescheidung entscheidet das Gericht im Ehescheidungsverfahren. Bei dieser Entscheidung sind der erzieherische Einfluß der Eltern und die „Umstände der Ehescheidung“ zu berücksichtigen.
In allen anderen Fällen ist für die Entziehung und Übertragung des E. der Rat des Kreises, Abt. Volksbildung, Referat Jugendhilfe und Heimerziehung, zuständig, dem durch die VO über die Übertragung der Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 15. 10. 1952 (GBl. S. 1057) sämtliche Vormundschaftssachen übertragen worden sind.
Bei Unehelichen Kindern hat die Mutter das E. allein.
Dem im Westen lebenden Elternteil darf das E. nicht übertragen werden. Sind beide Eltern geflüchtet, so wird ihnen das Recht auf Aufenthaltsbestimmung, wenn nicht überhaupt das E., entzogen. Die Kinder werden bei Verwandten oder in Heimen untergebracht (Heimerziehung). Mehr als 2.000 Kinder werden in der „DDR“ ihren im Westen lebenden Eltern vorenthalten. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Kinder von Flüchtlingen, die bei der Flucht ihrer Eltern zurückgelassen worden sind. Deren Anträge auf Familienzusammenführung werden grundsätzlich mit der Begründung abgelehnt, daß „diese von ihren Eltern im Stich gelassenen Kinder in bester Fürsorge“ sind. Eltern, die „ihre Schuld tilgen wollen“, stehe die Rückkehr in die DDR jederzeit offen“.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 176
Erzeugnis- und Leistungsnomenklatur | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Erziehungs- und Bildungswesen |