
Europapolitik der SED (1969)
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Das SED-Regime sucht seine eigene enge Bindung an den sowjet. Machtblock zu verhüllen. Deshalb greift es den staatenbündischen Zusammenschluß der Staaten E.s scharf an. Es bezeichnet diesen Zusammenschluß als gefährliche Machenschaft des nordamerikanischen Imperialismus und Kolonialismus. Zugleich wird erklärt, die gemeinsamen europäischen Einrichtungen und die europäischen Teile der NATO seien getarnte Werkzeuge eines bundesrepublikanischen Großmacht- und Blockstrebens in E. wie in Afrika. So behauptete Winzer im „Neuen Deutschland“ am 15. 7. 1962, daß „die antinationale Europapolitik den Revanchezielen des deutschen Imperialismus dient … Aufgabe der Außenpolitik der DDR und der Friedensbewegung in beiden deutschen Staaten ist es, dafür zu sorgen, daß weder das deutsche Volk noch die Völker Europas die Erfahrungen der Vergangenheit vergessen und sich von Europadeklamationen irreführen lassen.“ Mit solchen Angriffen auf den E.-Gedanken soll die BRD bei ihren Verbündeten wie bei den anderen Ländern der nichtkommun. Welt verleumdet und isoliert werden. — Zugleich erhob Winzer den oft angewandten Vor[S. 181]wurf, daß die BRD mit ihrer E.-Politik „die Nation, das Nationalbewußtsein und den Nationalstaat zu Grabe trägt“.
Seit 1966, seit der stärkeren Diskussion einer Koexistenz, begnügen sich die SU und das SED-Regime nicht damit, die E.- Bemühungen der Westmächte zu verurteilen. Sie berücksichtigen den E.-Gedanken in ihren Plänen für die Sicherheit Europas. So schlug die „DDR“ am 22. 1. 1966 die „Gewährleistung der europ. Sicherheit“ vor (Abrüstung). Und die Staaten des Warschauer Beistandspaktes beschlossen am 5. 7. 1966 (in Bukarest) eine „Erklärung über europ. Sicherheit“.
Auf der Linie dieser Bemühungen um ein ganz E. umfassendes System einer kollektiven Sicherheit bewegte sich Ulbricht, als er am 25. 4. 1967 auf der Karlsbader Konferenz der europ. Kommun. Parteien u. a. ausführte: „Die Hauptform des Kampfes des westdeutschen Imperialismus gegen die europäische Sicherheit ist gegenwärtig der Kampf gegen die DDR, seine Hauptmethode ist die aggressive Alleinvertretungsanmaßung. … Damit wird die Anerkennung des Status quo zur Grundlage jeder Friedensordnung in Europa, die Anerkennung der DDR zum Kernproblem …“ („Neues Deutschland“ v. 27. 4. 1967, S. 3). Er bejahte es, daß die Warschaupakt-Staaten am 17. 3. 1969 in Budapest bei ihrem Vorschlag für europ. Sicherheitskonferenz forderten: „Unantastbarkeit … der Oder-Neiße-Grenze sowie der Grenze zwischen der DDR und der westd. Bundesrepublik, die Anerkennung der DDR …“ („Neues Deutschland“ v. 18. 3. 1969, S. 1).
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 180–181
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