DDR von A-Z, Band 1969

Konsumorientierung (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Bereits die nach dem Tode Stalins von seinen Nachfolgern eingeleitete Politik des Neuen Kurses beinhaltete unter anderem eine Verbesserung der Lebenslage der Bevölkerung und stärkere Berücksichtigung ihrer materiellen Bedürfnisse (Entstalinisierung). Aber während auch danach die Fragen der Produktion und Konsumtion ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des ökonomischen Grundgesetzes des Sozialismus betrachtet wurden, gewann mit der weiteren theoretischen Vervollkommnung und praktischen Durchführung des Neuen ökonomischen Systems bzw. des ökonomischen Systems des Sozialismus die Auffassung Raum, daß die Konsumtion [S. 340]nicht nur Ziel und Vollendung des Reproduktionsprozesses (Reproduktion) sei. Danach ist die Konsumtion — ohne den Primat der Produktion zu bestreiten — ein mitbestimmendes, aktives Element der Reproduktion. Dieser Modifizierung der ursprünglichen Doktrin liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die komplizierten Aufgaben der wissenschaftlich-technischen Revolution nur von „allseitig gebildeten Menschen bewältigt werden können“, was wiederum mit gesteigerten Anforderungen hinsichtlich der individuellen Konsumtion verbunden ist („Produktion und individuelle Konsumtion beeinflussen und bedingen sich gegenseitig“ — Wörterbuch der Ökonomie — Sozialismus, Dietz-Verlag Ostberlin 1967, S. 339). Daraus leitet sich für die wirtschaftspolitische Praxis die Schlußfolgerung ab, „die volkswirtschaftliche Perspektivplanung so zu gestalten, daß die komplexe Planung des Lebensstandards eine maßgebliche Ausgangsgröße der proportionalen volkswirtschaftlichen Entwicklung wird“ (W. Ulbricht: „Probleme des Perspektivplanes bis 1970“, Dietz-Verlag, Ostberlin 1966, S. 83).

 

Des weiteren gehört zu den praktisch-wirtschaftlichen Konsequenzen aus der K. die Entwicklung der Verkaufskultur. Dazu zählen einmal die formschöne und zweckmäßige Ladeneinrichtung, hygienische Lagerräume und eine ansprechende Verpackung, die für die sprunghafte Entwicklung der Selbstbedienungsläden besondere Bedeutung hat. Zum anderen gehören dazu fachmännische Kundenberatung, höfliche Kundenbetreuung und Bedarfsermittlung auf dem Binnenmarkt, um einen Ausgleich zwischen Produktion und Käuferwünschen zu erzielen. In einer zentralen Planwirtschaft ist dies jedoch nur in geringem Maße möglich. Es bleibt Aufgabe des Handels, mit geschickter Werbung die Kunden auf die Erzeugnisse der Planproduktion hinzulenken. (Lebensstandard, Versorgung)


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 339–340


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.