DDR von A-Z, Band 1969

Kraftfahrzeugindustrie (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Zur K. zählen der LKW-, der PKW-, der Traktoren- und Anhängerbau. Die Zahl der Beschäftigten betrug 1967 rd. 90.000, davon rd. 85.000 in volkseigenen Betrieben. Anleitendes Organ ist die Vereinigung volkseigener Betriebe Automobilbau, Sitz Karl-Marx-Stadt (Chemnitz).

 

Der Anteil Mitteldeutschlands an der deutschen K. ist nach dem Kriege durch Demontagen (Reparationen) sehr abgesunken. Die Bevorzugung der Produktionsgütererzeugung verhinderte einen umfassenden Neuaufbau. Die Betriebe wurden völlig unzulänglich mit Investitionsmitteln ausgestattet, und die Materialzuteilungen sind bis heute unzureichend. Vor dem Kriege entfiel auf das Gebiet ein Anteil von etwa 25 v. H., 1967 von nur noch etwa 5 v. H. der deutschen K. Die Produktion hat sich im Vergleich zur BRD wie folgt entwickelt:

 

 

Je 1.000 Einwohner wurden 1967 in der BRD 40, in der „DDR“ nur 7 Personenwagen hergestellt; bei LKW war das Verhältnis BRD 3:„DDR“ 1,3.

 

Die SED-Propaganda erklärt zu der schwachen Entwicklung der K., der Motorisierungsgrad der Bevölkerung sei in einem „sozialistischen Lande“ keine Meßgröße für den Lebensstandard. Der Wunsch nach einem eigenen PKW sei kennzeichnend für eine „bürgerliche Denkweise“.

 

In Wirklichkeit ist diese Entwicklung eine Folge der vom SED-Regime verfolgten Ost-Orientierung der Wirtschaft. Die K. kann nicht weiterentwickelt werden, weil ihr die aufnahmefähigen Märkte fehlen. Die jetzt möglichen kleinen Losgrößen liegen weit unter der Rentabilitätsgrenze jeder K. Die K. muß hoch subventioniert werden. Ein Teil der Subventionen wird durch die privaten Käufer aufgebracht, die für PKW im Vergleich zur BRD zwei- bis dreifach höhere Preise zahlen müssen.

 

Bei Personenkraftwagen werden nur zwei Typen hergestellt, der Mittelklassewagen „Wartburg“ (920 com, 37 PS, Fortentwicklung des alten DKW), und der Kleinwagen „Trabant“ (jetzt mit 595 com, 23 PS).

 

Im Lastkraftwagenbau werden nur drei Typen hergestellt, und zwar je ein Wagen mit 2 t, 4 t und 5 t Nutzlast. Die Serienfabrikation des 5-Tonners lief Mitte 1965 in dem neuerbauten Werk Ludwigsfelde bei Berlin an. Ferner wird ein Kleintransporter mit ¾ t Tragkraft gebaut. Der Omnibusbau konzentriert sich unter Verwendung von Bauteilen der LKW-Typen auf kleine Mo[S. 345]delle. Schwere Lastkraftwagen und schwere Omnibusse werden nach einer Absprache zwischen den Sowjetblockländern in Mitteldeutschland nicht entwickelt und auch nicht gefertigt.

 

Der Traktorenbau ist ebenfalls schwach entwickelt. Bis Sept. 1967 wurden nur Radschlepper mit etwa 20 PS gefertigt, die zum größten Teil exportiert wurden, weil sie für die Großflächenbearbeitung in Mitteldeutschland nicht geeignet sind. Seitdem werden auch Radtraktoren des Typs ZT 300 (90 PS) hergestellt, dessen Entwicklung sechs Jahre gedauert hat. Raupenschlepper werden nicht produziert.

 

Der Kraftwagenbestand ist überaltert und völlig unzureichend. Da ein großer Teil der Neuproduktion exportiert wird (von den PKW 1967 rd. 38 v. H.), besteht ein großer ungedeckter Bedarf. (Kraftverkehr)

 

Seit 1967 werden verstärkt PKW importiert, insbes. der sowjet. Kleinwagen (900 ccm) Saporoshez und der CSR-Wagen „Skoda“ (1.000 com). 1967 wurden rd. 31.300 PKW importiert.

 

Auch künftig bildet der LKW- und Traktorenbau den Schwerpunkt in der K. Der 5-Tonner-LKWT 50 soll weiterentwickelt werden für Spezialzwecke in der Landwirtschaft und im Bauwesen (Allradantrieb, Kipper usw.). — Schon seit etwa sechs Jahren wird die Produktion eines dringend benötigten Radschleppers mit 90 PS Leistung vorbereitet. Wahrscheinlich geht dieser Traktor erst 1968 in Serienfertigung. Ebenfalls seit Jahren befindet sich ein Radtraktor mittlerer Leistung (etwa 60 PS) in Vorbereitung. Dieser Typ wird vor 1970 nicht zur Verfügung stehen. — Die Versorgung der LKW, PKW u. Traktoren mit Ersatzteilen ist noch immer überaus schwierig. Das gilt auch für importierte Kfz. — Die Betriebe der K. sollen bis 1970 rationalisiert werden. Dabei sollen auch die Möglichkeiten der Konzentrierung auf nur einen PKW-Typ untersucht werden.


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 344–345


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.