
Leitungswissenschaft (1969)
Siehe auch:
Unter L. wird die Wissenschaft von der Leitung und Organisation des Staates und der Wirtschaft verstanden. Klare Zielvorstellungen und richtige Menschenführung sollen mit guter Organisation verbunden werden. Zur Zielstellung werden gerechnet: die Analyse der Ausgangssituation, die Einschätzung der voraussichtlichen Entwicklung, die Beurteilung der Mittel, Ermittlung von Optimalitätskriterien und Auswahl der günstigsten Varianten. Die Bürger (Werktätigen) sollen daran interessiert werden, an der Leitung teilzunehmen. Dabei wird ihnen freilich die Teilnahme an Grundsatzentscheidungen verweigert oder nur der Form nach gestattet. Ihre Mitwirkung (Mitbestimmungsrecht) findet vornehmlich in Form der Beratung statt. Die Verwaltung soll so organisiert werden, daß die Entscheidungen auf der Ebene getroffen werden, auf der eine auf Sachkenntnis beruhende Beurteilung möglich ist.
Auf Grund dieser Erkenntnisse der L. werden die rechtlichen Bestimmungen über die Organisation von Staat und Wirtschaft gestaltet. Dabei wird seit der Babelsberger Konferenz von 1958 in der „DDR“ im Gegensatz zur SU und anderen sozialistischen Staaten das Verwaltungsrecht als Teilgebiet des Staatsrechts angesehen. Diese Konzeption wird als Korrelat der Einheit der Staatsgewalt (Verfassung) betrachtet. Neuerdings wird eine Neugliederung des Staatsrechts in „Verfassungsrecht“ und „Recht der staatlichen Leitung und Organisation“ befürwortet. Dazu wird zwar die Ansicht vertreten (Staat und Recht, 1967, S. 241 ff.), die neue Auffassung bedeute keinen Rückfall in die alte Trennung von Staatsrecht und Verwaltungsrecht, weil sie an der Widerspiegelung der Dialektik und Dynamik der Planung, Leitung und Organisation im Recht festhalte. Faktisch bedeutet sie aber eine Anpassung an sowjetische Auffassungen, die in diesem Falle freilich den hergebrachten entsprechen.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 374