
Nationale Front (1969)
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Gegr. am 7. 10. 1949, hervorgegangen aus dem Volkskongreß. Die NF. soll als „breiteste Massenbewegung“ auch die Teile der Bevölkerung politisch beeinflussen und aktivieren, die sich allen anderen Organisationen entziehen konnten. Ohne individuelle Mitgliedschaft baut sie ihre Organisation auf den Hausgemeinschaften und Wohngebietsausschüssen (Wohngebiete) auf und verfügt auf allen Ebenen des Systems über sog. Ausschüsse und Aktivs. Oberstes Organ ist nach dem Statut der Nationalrat. Präsident des Nationalrats: Prof. Erich ➝Correns. Der weitaus wichtigere hauptamtliche Apparat der NF. besteht überwiegend aus SED-Funktionären; Vors. des Sekretariats des Nationalrats: Werner ➝Kirchhoff.
Das Programm der NF. ist die allgemeinste Formulierung der SED-Politik und ist als „genereller Volkswille“ verstanden — für alle anderen Parteien und die Massenorganisationen bindend. In der neuen Verfassung der „DDR“ vom 6. 4. 1968 wird die NF. in Art. 3 ausdrücklich erwähnt: „Das Bündnis aller Kräfte des Volkes findet in der Nationalen Front des demokratischen Deutschland seinen organisierten Ausdruck.“ Nach Abs. 2 dieses Artikels vereinigen in der NF. „die Parteien und Massenorganisationen alle Kräfte des Volkes zum gemeinsamen Handeln für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Dadurch verwirklichen sie das Zusammenleben aller Bürger in der sozialistischen Gemeinschaft nach dem Grundsatz, daß jeder Verantwortung für das Ganze trägt“. Zu seiner Verbreitung veranstaltet die NF. regelmäßige „Aufklärungseinsätze“ und unterhält eine Anzahl von Aufklärungslokalen (Agitation und Propaganda). Die NF. hat die früheren Aufgaben des „Demokratischen Blocks“ (Blockpolitik) übernommen. Sie stellt z. B. nominell die Einheitsliste für die Wahlen auf und benennt die Kandidaten für Richter- und Schöffenwahlen. (Rechtswesen)
Die ursprüngliche gesamtdeutsche Zielsetzung der NF., „Sammlung aller aufrechten Deutschen zum Kampf um die Einheit Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages“, ist zugunsten innerpolitischer Aufgaben seit 1955 mehr und mehr in den Hintergrund getreten.
Im März 1962 wurde vom Nationalrat der NF. ein Komitee zum Studium der gesellschaftlichen Verhältnisse in Westdeutschland und ihrer Veränderungen gegründet.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 439
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