DDR von A-Z, Band 1969

Produktions- und Dienstleistungsabgabe (PDA) (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Im Zuge der Anpassung der Preispolitik und des Haushaltswesens an das sowjetische Vorbild Anfang der fünfziger Jahre wurde mit der Einführung der PDA die in der SU bestehende „differenzierte Umsatzsteuer“ nachgeahmt. Die PDA wurde mit Wirkung vom 1. 1. 1954 erstmals in einigen Zweigen der Genußmittelindustrie eingeführt. Verbindlich für die gesamte VEW wurde sie dann durch die „VO über die Produktionsabgabe und Dienstleistungsabgabe der volkseigenen Dienstleistungsbetriebe (PDAVO)“ vom 6. 1. 1955 (GBl., S. 37).

 

Mit der Erhebung der PDA entfiel die Erhebung der Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Beförderungssteuer und der Verbrauchsabgaben. Die P. ist untrennbarer Bestandteil des Industrieabgabepreises. Sie ist in ihrer jeweiligen Höhe an das betreffende Produkt gebunden. Zahlungspflichtige sind die Betriebe der VEW. Berechnungsgrundlage ist der Umsatz an Produkten. Die Zahlungspflicht entsteht im Zeitpunkt des Umsatzes. Diesem Umsatz sind gleichgestellt die Verwendung produzierter Erzeugnisse für Investitionen und Generalreparaturen, die von den Zahlungspflichtigen für eigene Zwecke durchgeführt werden, sowie ferner die Verwendung für Werbe-, Probe-, Forschungs- und Untersuchungszwecke, für nichtbetriebliche Zwecke und als Deputate. Die PDA wird für ein Produkt bzw. eine Dienstleistung nur einmal erhoben. Entsteht jedoch in der Produktion durch Be- und Verarbeitung ein völlig neuartiges Produkt mit anderen Eigenschaften, so wird die P. noch einmal eingezogen.

 

Die PDA wird in 3 verschiedenen Formen erhoben: a) in einem Vonhundertsatz des Industrieabgabepreises oder des sonstigen [S. 500]gesetzlich festgelegten Abgabepreises; b) in einem festen Betrag vom Industrieabgabepreis je Mengeneinheit des Erzeugnisses und c) in Form des Unterschiedsbetrages zwischen den Selbstkosten zuzüglich Gewinnzuschlag (Betriebspreis) und dem Industrieabgabepreis.

 

Zur Lenkung des Absatzes und Steuerung des Verbrauches können die Sätze der P. differenziert werden a) nach einzelnen Produkten oder Produktgruppen, b) nach der Zweckbestimmung der Produkte bzw. nach Abnehmern und c) nach betrieblichen Merkmalen (Hersteller bzw. Art des Produktionsverfahrens).

 

Die D. wird bei reinen Dienstleistungsbetrieben sowie bei den Betrieben der Industrie, Bauwirtschaft und Land- und Forstwirtschaft erhoben, die Einnahmen aus Dienstleistungen beziehen. Da die Preise für die gleichen Dienstleistungen vielfach sehr uneinheitlich sind, legen die Finanzbehörden den Prozentsatz der abzuführenden D. jeweils nach der Höhe der ermittelten Entgelte fest (PDAVO, GBl. 1957, I, S. 138).

 

Seit Einführung des Neuen ökonomischen Systems 1963 erfolgt die Abführung der PDA durch die Betriebe der zentralgeleiteten und bezirksgeleiteten Industrie an den Staat nicht mehr direkt von den Betrieben an die Finanzabteilungen der örtlichen Räte der Kreise und Bezirke, sondern über die VVB und Bezirkswirtschaftsräte an die Industrieministerien. Diese wirtschaftsleitenden Organe haben mit der Weiterleitung der PDA auch die Aufgabe der Kontrolle über die Einhaltung der staatlicherseits bestätigten Planziele für Produktion und Absatz gegenüber den Betrieben ihres Zuständigkeitsbereiches übernommen. Nur die Betriebe der örtlich geleiteten Wirtschaft führen ihre Haushaltsverpflichtungen aus der PDA noch direkt an die örtlichen Finanzabteilungen ab.

 

Bis 1967 war die PDA vor der Gewinnabführung der Staatsbetriebe die wichtigste Einnahmequelle des Haushaltes der „DDR“ (Zwei-Kanäle-Abführungssystem). Die Bedeutung der PDA als Einnahmeart hat sich aber durch die Industriepreisreform beträchtlich vermindert, da zwecks Absorption der Kosten- und Preiserhöhungen durch den Wegfall der Subventionen vor allem in der Grundstoffindustrie die PDA als Bestandteil der Produktionsmittelpreise entweder stark gekürzt wurde oder ganz fortgefallen ist (Preispolitik). Heute ist die Erhebung der P. im wesentlichen auf Konsumtionsmittel beschränkt.

 

Zum anderen ging mit der Einführung der Produktionsfondsabgabe die Wirtschaftsführung von dem bis dahin vorherrschenden „Zwei-Kanäle-Abführungssystem“ zum „Drei-Kanäle-Abführungssystem“ über. Da heute die Festsetzung der P. nicht mehr zum erheblichen Teil unter dem Aspekt der Mittelbeschaffung für den Staatshaushalt erfolgen soll, sondern für die Festlegung der Abgabenhöhe primär preispolitische Überlegungen eine Rolle spielen sollen, spricht man davon, die PDA zu einer „Regulierungsabgabe“ zwecks Steuerung der Struktur des Verbrauchs umzubilden und weiterzuentwickeln.

 

Durch die PDA, die Gewinnabführung und seit 1966/1967 durch die Einführung der Produktionsfondsabgabe wird ein Teil der „Geldakkumulation“ der VEW im Staatshaushalt zentralisiert. Dieses „Drei-Kanäle-Abführungssystem“ erlaubt der staatlichen Wirtschaftsverwaltung, Planmäßigkeit und Effizienz der Wirtschaftstätigkeit bei verschiedenen Leistungskomponenten zu überwachen. Durch die laufende Kontrolle der Abführungshöhe und der Einzahlungstermine bei der PDA wird gleichzeitig auch die Erfüllung der Produktions- und Absatzpläne der VEB, Kombinate und VVB (nach Umfang und in Sonderfällen auch nach Sortiment) überprüft. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Gewinnabführungen an den Haushalt und der Verpflichtungen auf Grund der zu zahlenden Produktionsfondsabgabe zeigt, ob die Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsziele erfüllt worden sind. In welchen Anteilen diese 3 Haupteinnahmearten des Staatshaushaltes gegenwärtig an der Mittelbeschaffung beteiligt sind, darüber lassen sich zur Zeit keine exakten Angaben machen.

 

Literaturangaben

  • Kitsche, Adalbert: Das Steuersystem in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Gelsenkirchen 1960, Buersche Druckerei Dr. Neufang. 187 S. m. zahlr. Tab.

 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 499–500


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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