DDR von A-Z, Band 1969

Qualifizierung (1969)

 

 

Siehe auch:


 

[S. 503]Auch „Erwachsenen-Q.“ oder „Aus- und Weiterbildung der Werktätigen“. Unter Q. werden alle auf eine abgeschlossene Bildungs- bzw. Ausbildungsstufe folgenden Maßnahmen verstanden, die a) während eines längeren Zeitraumes, b) in organisatorisch festgelegter Form, c) systematisch aufeinander aufbauend neues Wissen vermitteln, zum Erwerb neuer beruflicher Fähigkeiten und Fertigkeiten führen und eine höhere Qualifikationsstufe zum Ergebnis haben.

 

Die Q. gilt als Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems, sie soll unter Berücksichtigung des Aspektes der Allgemeinbildung wie dem der Spezialbildung dem marxistischen Erziehungsideal vom disponiblen und „allseitig gebildeten“ Menschen gerecht werden.

 

Mit der Begründung, daß unter den spezifischen ökonomischen Bedingungen der gegenwärtigen Ausbauphase des Sozialismus in der DDR die Spezialbildung vorrangige Bedeutung habe, sind für Q.-Maßnahmen in erster Linie die „Hauptrichtungen des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes“ und der „höchste volkswirtschaftliche Nutzeffekt bei größtem Zeitgewinn für die Gesellschaft“ maßgebend. Betriebliche Q.-Vorhaben werden auf der Grundlage des Q.-Planes, der Bestandteil des Betriebsplanes ist, nach den in Perspektiv- und Jahresplänen fixierten produktionstechnischen Erfordernissen durchgeführt. Für die Konzeption des Q.-Planes, in dem der Bedarf an Kadern festgelegt wird, ist der Betriebsleiter verantwortlich. Der Betrieb schließt mit dem einzelnen Werktätigen einen Q.-Vertrag ab, in dem Ziel und Dauer der Weiterbildung, der voraussichtliche spätere Einsatz, die Pflichten des Werktätigen und die des Betriebes vereinbart worden sollen. Die Pflicht zur Teilnahme an der Q. wird aus den mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages eingegangenen Verpflichtungen zur Einhaltung der „Sozialistischen Arbeitsdisziplin“ abgeleitet, obwohl sie z. B. im Gesetzbuch der Arbeit (GBA) nicht ausdrücklich als Rechtspflicht formuliert ist.

 

Zur Erhöhung der Wirksamkeit der bis dahin unkoordinierten, zumeist sporadischen Charakter tragenden Q.-Maßnahmen wurde auf Ministerratsbeschluß 1960 bzw. 1961 im Anschluß an die Beratungen auf dem III. Berufspädagogischen Kongreß die „abschnittsweise Ausbildung und Q. der Werktätigen“ eingeführt („Grundsätze zur weiteren Entwicklung des Systems der Berufsbildung in der DDR“ vom 30. 6. 1960; GBl. I, S. 441, und die zu den Grundsätzen erlassenen „Leitsätze für die Arbeit der Bildungseinrichtungen …“ vom 27. 1. 1961; VuM Nr. 11, S. 134).

 

Die abschnittsweise Ausbildung verläuft in folgenden 8 Stufen, wobei der Abschluß des einen Abschnittes die Voraussetzung für die Weiterbildung zur nächsthöheren Qualifikationsstufe darstellt: 1. Vermittlung von Grundkenntnissen für die Ausübung einfacher Tätigkeiten (einführende Q.); 2. Erweiterung der Grundkenntnisse auf alle in einem Arbeitsbereich anfallenden Tätigkeiten, für die keine Facharbeiterprüfung erforderlich ist; 3. Q. zum Facharbeiter;

 

Der Gewinnung von Frauen für Weiterbildungsmaßnahmen, vor allem für technische Berufe (z. B. elektronische Datenverarbeitung) und für Leitungsfunktionen in Staat und Wirtschaft, wird großes Gewicht beigemessen. Da jedoch eine Vielzahl spezieller Probleme der Frauenarbeit bisher noch nicht befriedigend gelöst werden konnte, bleibt der Erfolg der Q.-Propaganda unter den Frauen begrenzt. Nach einem erheblichen Anstieg zwischen 1961 und 1965 ist in der Industrie die Zahl der an Q.-Maßnahmen teilnehmenden Frauen in den vergangenen beiden Jahren wieder zurückgegangen. 1967 beteiligten sich 167.294 Frauen gegenüber 182.287 im Jahre 1964 (Frauen).

 

Insgesamt befanden sich 1967 im Bereich von Industrie, Bauindustrie, Verkehr, Post- und Fernmeldewesen 647.158 Personen (gegenüber 677.968 im Jahr 1965) in einem der 8 Weiterbildungsabschnitte. Während die Q.-Stufen 1–6 im Vergleich zu den Vorjahren sinkende Teilnehmerzahlen zu verzeichnen haben, sind diejenigen der Ausbildungsabschnitte 7 und 8 kontinuierlich gestiegen. An den Weiterbildungsmaßnahmen für Personen mit Hoch- oder Fachschulabschluß haben sich 1967 mehr als doppelt soviel (42.037) wie 1965 (15.998) beteiligt.

 

Literaturangaben

  • Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der sowjetischen Besatzungszone. 5., erw. Aufl. (BB) 1959. Teil I (Text) 264 S., Teil II (Anlagen) 162 S.

 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 503


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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