DDR von A-Z, Band 1969

Schwangerschaftsunterbrechung (1969)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966


 

Auf Betreiben der SED wurde 1947/48 die S. aus „sozialer Indikation“ durch Ländergesetze eingeführt (nicht in Sachsen-Anhalt), 1950 jedoch nach sowjet. Muster jede S., die nicht durch Krankheit (auch Erbleiden) geboten ist, „im Interesse des Gesundheitsschutzes der Frau und der Förderung der Geburtenzunahme“ strikt verboten (§ 11 Ges. vom 27. 9. 1950, GBl. S. 1037). Die S. wie in der SU (1954) freizugeben, wurde vom Regime abgelehnt, unter ausdrücklichem Hinweis auf die unbefriedigende Entwicklung der Bevölkerung. 1965 jedoch wurde durch verwaltungsinterne Instruktion die S. bei Schwangeren unterhalb 16 und oberhalb 39 Jahren wie auch für Frauen mit mehr als 4 Kindern praktisch freigegeben; sie ist allerdings antragsbedürftig und darf nur im Krankenhaus ausgeführt werden (Gesundheitswesen, Schwangerenberatung, Schwangerschaftsverhütung).

 

Das neue Strafgesetzbuch faßt die bisher nicht einheitlichen Strafbestimmungen der früheren Länder über die S. in den §§ 153 bis 155 zu einem Straftatbestand zusammen. Dieser richtet sich ausschließlich gegen die S. durch dritte Personen (Fremdabtreibung), während die durch die Schwangere selbst begangene S. nicht mehr strafbar ist. In erster Linie gehe es darum, „den Kampf gegen die gewerbsmäßige Abtreibung und das Kurpfuschertum mit den Mitteln des Strafrechts zu führen“ („Neue Justiz“ 1967, S. 152). Ob dieser kriminalpolitische Erfolg eintritt, wenn die Selbstabtreibung schlechthin straflos bleibt, erscheint zweifelhaft.

 

Literaturangaben

  • Weiss, Wilhelm: Das Gesundheitswesen in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw., von Erwin Jahn völlig umgearb. Aufl. (BB) 1957. Teil I (Text) 98 S., Teil II (Anlagen) 189 S.

 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 548


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.