DDR von A-Z, Band 1969

Selbstverwaltung (1969)

 

 

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1975 1979 1985


 

Nach den Gemeinde-, Kreistags- und Landtagswahlen im Herbst 1946 traten in den Ländern Kreis- und Gemeindeordnungen sowie Verfassungen in Kraft, in denen das Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände auf S. garantiert wurde. An dieser Rechtslage änderte auch die Verfassung der „DDR“ von 1949 nichts (Art. 139, 142).

 

Inzwischen waren aber ohne eine ausdrückliche Änderung der gesetzlichen Grundlagen bereits Maßnahmen zur Einschränkung der S. getroffen worden, z. B. indem den Gemeinden die wirtschaftlichen Unternehmen und die Energiebetriebe entzogen wurden. Durch die Reform des öffentlichen Haushaltwesens im Jahre 1950 (Staatshaushalt) wurde ihr Haushalt in den Staatshaushalt eingegliedert. Die Verwaltungsneugliederung im Sept. 1952 trieb die Entwicklung weiter voran. Das Prinzip des demokratischen Zentralismus wurde im Verhältnis zwischen Gemeinde, Kreisen, Bezirken und zentralen Staatsorganen wirksam gemacht. Mit Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 17. 1. 1957 (GBl. I, S. 65) wurden die bis dahin formell noch gültigen Gemeindeordnungen aufgehoben und durch dieses Gesetz und das Gesetz über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen vom gleichen Tage (GBl.

 

I, S. 72) ein einheitlicher Staatsaufbau nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus geschaffen. Durch die am 28. 6. 1961 vom Staatsrat beschlossene Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe wurde die Stellung der örtlichen Volksvertretungen gestärkt. Es blieb jedoch, daß sie ihre Aufgaben nur im Rahmen der von oben gegebenen Weisungen zu erfüllen hatten. Mit dem Erlaß des Staatsrates über Aufgaben und Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe unter den Bedingungen des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft vom 2. 7. 1965 (GBl. I, S. 159) wurde die Selbständigkeit der Gemeinden im Sinne einer Dekonzentration (Dezentralisation) weiter verstärkt.

 

Nach Art. 41 der Verfassung von 1968 sind die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände im Rahmen der zentralen staatlichen Planung und Leitung eigenverantwortliche Gemeinschaften, in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten. Sie werden unter den Schutz der Verfassung gestellt. Eingriffe in ihre Rechte dürfen nur auf der Grundlage von Gesetzen erfolgen. Trotzdem kann von der Wiederherstellung der S. im hergebrachten Sinne koine Rede sein. Nach Egler („Sozialistische Demokratie“ vom 16. 2. 1968) ist das neue Verhältnis zwischen zentralen und örtlichen Staatsorganen weder mit der Kategorie der bürgerlichen Theorie von der kommunalen S. noch mit denen der administrativen Über- und Unterordnung zu erfassen. Die durch die Verfassung garantierte „Eigenverantwortung der Städte und Gemeinden“ wird durch die Planung und Leitung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung (Art. 9, Abs. 3 der Verf. von 1968) eingeschränkt. (Bezirk, Gemeinde, Kreis, Ministerrat, Staatsrat, Verfassung)


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 559


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.