
Stipendien (1969)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1975 1979
St. werden benutzt a) als Mittel zur Auslese der Schüler der Ober- und Fachschulen und der Studierenden an den Hochschulen, b) als Anreiz zur Erzielung der Anpassung an die kommunistische Herrschaft (Prämiierung guter Lernleistungen politisch zuverlässiger Schüler und Studenten). Nach der 3. Durchführungsbestimmung zum Bildungsgesetz, die am 1. 9. 1968 in Kraft trat, können Unterhaltsbeihilfen (U.) für Oberschüler und Ausbildungsbeihilfen (A.) für Lehrlinge gewährt werden, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Unterhaltspflichtigen diese Unterstützung erforderlich machen. Die Gewährung erfolgt nach sozialen Gesichtspunkten und nach Ermessen der zuständigen Organe. Ein Rechtsanspruch besteht nicht. Gruppe 1 umfaßt Schüler der 10kl. Obersch., Sondersch. und EOS; Gruppe 2: Schüler der 11. und 12. Klassen der EOS, Sondersch., Spezialsch. und -klassen sowie Schüler der Kinder- und Jugendsportsch. ab 9. Klasse.
Die U. für Gruppe 1 beträgt monatl. 50 M und kann bis auf 60 M erhöht werden; für Gruppe 2 monatl. 80 M und kann bis auf 100 M erhöht werden. Das monatl. Bruttogehalt der Unterhaltspflichtigen (Gruppe 1) darf bis zu 440 M, bei zwei Unterhaltspflichtigen zusammen 700 M (Gruppe 2) 500 M bzw. 770 M betragen. Die A. für Lehrlinge beträgt monatl. mindestens 20 M, höchstens 50 M, in Ausnahmefällen 60 M; Voraussetzung ist, daß das Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen nicht über 330 M, bei zwei Unterhaltspflichtigen nicht über 600 M monatl. liegt.
Am 1. 8. 1968 trat eine neue St.-Ordnung für Direktstudenten der Universitäten, Hoch- und Fachschulen in Kraft. Maßstab für die Gewährung eines St. sind „hohe fachliche und gesellschaftliche Leistungen durch bewußte Studiendisziplin sowie schöpferische Betätigung im wissenschaftlich-produktiven Studium“. Das Grund-St. beträgt für ledige Studenten monatl. bei einem Bruttoeinkommen der Eltern bis 1.000 M
an Hochsch. 190 M, an Fachsch. 160 M, bis 1.200 M
an Hochsch. 170 M, an Fachsch. 140 M, bis 1.400 M
an Hochsch. 140 M, an Fachsch. 110 M, bis 1.500 M
an Hochsch. 110 M, an Fachsch. 80 M, bei vier und mehr zu vorsorgenden Kindern und einem Bruttoeinkommen der Eltern bis 1800 M
an Hochsch. 110 M, an Fachsch. 80 M, bis 2.000 M
an Hochsch. 90 M, an Fachsch. 60 M. Unabhängig vom Einkommen der Eltern erhalten ein Grund-St. von monatl. 190 M bzw 160 M: Studenten, die als Soldaten auf Zeit gedient haben, Studenten, die vor dem Studium mindestens 5 Jahre beruflich tätig waren, Kämpfer gegen den Faschismus, Verfolgte, Vollwaisen, geschiedene Studenten, alleinstehende Studenten mit Kind.
Unabhängig vom Einkommen der Eltern bzw. des Ehegatten, erhalten Forschungsstudenten ein monatl. St. von 300 M im 1., 350 M im 2. und 400 M im 3. Jahr des Forschungsstudiums.
Sozialzuschläge von 10 bis 40 M monatl. erhalten Studenten in Familien von 4 und mehr von den Eltern zu versorgenden Kindern. In den Genuß von Leistungs-St. (40 bis 80 M monatl.) kommen Studenten mit „sehr guten Leistungen, hoher gesellschaftlicher Aktivität und vorbildlichem politisch-moralischem Verhalten“. Sie worden von den Hoch- und Fachschullehrern sowie den Leitungen der FDJ vorgeschlagen.
Für Offiziere und Unteroffiziere der NVA gilt eine besondere Anweisung über St.-[S. 614]Regelung vom 1. 9. 1965, wonach das Höchst-St. 900 M, das Mindest-St. 500 M beträgt. Die Anzahl der zum Studium an Universitäten, Hochschulen und Fachschulen zu delegierenden Offiziere und Berufsunteroffiziere darf 200 jährlich nicht überschreiten.
Bevorzugt werden bei der Vergabe von St. Studierende an Industrie-Instituten (monatl. St. von 500 bis 1.200 M). Sonder-St. gibt es für Studierende, die „hervorragende Leistungen und besondere Erfolge bei der Aneignung des Marxismus-Leninismus und seiner Anwendung im Fachstudium“ aufweisen (Karl-Marx-St.). Weitere Sonder-St.: Johannes-R.-Becher-St. und Wilhelm-Pieck-St. Bei „fachlichen und gesellschaftlichen Fehlleistungen“ können Abzüge von Grund-St. bzw. Leistungs-St. ganz oder teilweise vorgenommen werden.
Literaturangaben
- Baumgart, Fritz: Das Hochschulsystem der sowjetischen Besatzungszone. (BMG) 1953. 31 S.
- Lange, Max Gustav: Wissenschaft im totalitären Staat. Die Wissenschaft der sowjetischen Besatzungszone auf dem Weg zum „Stalinismus“, m. Vorw. v. Otto Stammer (Schr. d. Inst. f. pol. Wissenschaft, Berlin, Bd. 5). Stuttgart 1955, Ring-Verlag. 295 S.
- Müller, Marianne, und Egon Erwin Müller: „… stürmt die Festung Wissenschaft!“ Die Sowjetisierung der mitteldeutschen Universitäten seit 1945. Berlin 1953, Colloquium-Verlag. 415 S.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 613–614