DDR von A-Z, Band 1969

Zollgesetz (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Im Jahre 1962 ist die mitteldeutsche Verwaltung auf zollpolitischem Gebiet aktiv geworden. Ein „Gesetz über das Zollwesen der DDR“ wurde am 28. 3. 1960 erlassen (GBl. I, Nr. 3) und durch mehrere Durchführungsbestimmungen ergänzt.

 

Die Bestimmungen dienen der Durchsetzung des Außenhandels- und Valutamonopols. Darüber hinaus verfolgen sie zwei wichtige Ziele, ein politisches und ein wirtschaftspolitisches.

 

Der politische Aspekt wird in der Präambel des Gesetzes deutlich formuliert; die Neuregelung des Zollwesens hat die Aufgabe, „die Deutsche Demokratische Republik zu stärken und zu sichern“. Eine solche Stärkung wird in der Formulierung gesehen, in der das „Territorium der DDR zu einem selbständigen Zoll- und Hoheitsgebiet“ erklärt wird, „auf dem das Zollverfahren in voller Souveränität und ausschließlich von unserem Staat geregelt wird“. Dies entspreche — so wird erklärt — „nicht nur der realen Situation in Deutschland, die durch die Existenz von zwei selbständigen deutschen Staaten gekennzeichnet ist, sondern (mache) auch den westdeutschen Machthabern die tatsächlichen Grenzen ihrer Herrschaft deutlicher“.

 

Es geht der mitteldeutschen Verwaltung also zunächst darum, ihre Fiktion, die „DDR“ sei ein „deutscher Staat“, sowie ihre „Zwei-Staaten-Theorie“ mittels des Z. zu untermauern. Im einzelnen sollen folgende Formulierungen diesen Anspruch verdeutlichen: „Territorium der DDR“ und „Hoheitsgebiet der DDR“; „Staatsgrenze der DDR“ für die Oder-Neiße-Linie und für die Demarkationslinie zwischen BRD und dem anderen Teil Deutschlands; „westdeutsche Bundesrepublik“.

 

West-Berlin ist im Z. ein eigener Abschnitt gewidmet. Es wird festgelegt, daß West-Berlin „inmitten des Zoll- und Hoheitsgebietes der Deutschen Demokratischen Republik liegt“ und „nicht zum Hoheitsgebiet der westdeutschen Bundesrepublik gehört“. Die zollrechtliche Stellung soll im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen geregelt werden.

 

Das Z. soll somit die Teilung Deutschlands, wie sie von der SU gefordert wird, einschließlich der Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als deutscher Ostgrenze gesetzlich fixieren.

 

Durch das neue Z. will die „DDR“ also einmal ihren Souveränitätsanspruch manifestieren und West-Berlin von der BRD isolieren, während sie zweitens durch die Zolltarifgestaltung Vorsorge getroffen hat, die Moskauer Anti-EWG-Politik zollpolitisch zu unterstützen (Zölle).

 

Im Gegensatz zu diesen eindeutigen Zielsetzungen wird der Erlaß des neuen Z. von der „DDR“ propagandistisch als eine Art Notwehr gegen das am 1. 1. 1962 in Kraft getretene neue Z. der BRD dargestellt. Durch dieses Gesetz maße sich die Bundesregierung Hoheitsrechte in bezug auf das „Territorium der DDR“ an. Richtig ist jedoch, daß das bundesdeutsche Z. an den bisher geltenden Verhältnissen nichts ändert, sondern im Gegenteil das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 weiterhin ungeteilt — als einheitliches Zollgebiet betrachtet und daß in den EWG-Verträgen auf Drängen der Bundesregierung der Interzonenhandel ausdrücklich eine Sonderregelung erfahren hat.

 

Das Z. regelt weiter die technischen Modalitäten beim Grenzübertritt von Waren, Geld, Devisen und Personen bzw. überträgt die Befugnis zur Regelung von Einzelfragen den zuständigen Stellen des Ministerrates. Im einzelnen sind im Z. geregelt: die Kontrolle, Untersuchung und evtl. Sicherstellung von Waren und Beförderungsmitteln beim Grenzübertritt, die Einholung von Gutachten und Auskünften, der Erlaß von Verfügungen und deren Durchsetzung auch durch unmittelbaren Zwang, die körperliche Durchsuchung von Personen, das Genehmigungsverfahren für [S. 751]den Warenverkehr, Zollverfahrensfragen, die Art der Zollerhebung, die Zollstrafen und Strafbestimmungen zur Durchsetzung dieser Regelungen.

 

Mit der Durchführung dieser Aufgaben ist die Zollverwaltung der DDR beauftragt. Die bis zum Erlaß des Z. im Jahre 1962 geltenden Zollrechtsbestimmungen waren das Z. v. 20. 3. 1939 und eine Vielzahl von Zusatz- und Sonderbestimmungen. (Devisen, Währung, Zahlungsverkehr)


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 750–751


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.