Ablieferungspflicht (1969)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1975 1979
Die gesetzliche Verpflichtung landwirtschaftlicher Betriebe, ihre Erzeugnisse nach vorgeschriebenen Arten, Mengen und Terminen an die Volkseigenen Erfassungs- und Aufkaufbetriebe zum Erfassungspreis abzuliefern (Ablieferungssoll). Der A. unterliegen alle Arten pflanzlicher und tierischer Produkte einschließlich Neben- und Abfallprodukte (Häute, Felle, Tierhaare, Federn usw.).
Das nach 1945 aufgebaute System der zentralen Erfassung unterschied in der Daseinsperiode privat-bäuerlicher Betriebe zwei Formen der A.: Nach dem Ablieferungsbescheid der Verwaltungsbehörden wurden Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Ölsaaten, Speisehülsenfrüchte, Schlachtvieh, Geflügel, Milch, Eier und Wolle erfaßt: auf der Grundlage von Verträgen, die die Verwaltungsorgane mit den Erzeugern abschlossen, erfolgte die Erfassung von Spezial- oder Sonderkulturen (sog. technische Kulturen), wie Zuckerrüben, Faser[S. 10]pflanzen, Tabak, Obst, Arznei- und Gewürzpflanzen, Korbweiden, Mohnkapseln. Die Ablieferungsmengen (Normen) wurden in der Regel je Flächeneinheit festgesetzt (Hektarveranlagung). Trotz einer gewissen Differenzierung wurde dies weitgehend schematisch durchgeführt. Durch die besondere Staffelung der Normsätze, die im Gegensatz zu den normalen Leistungsverhältnissen im „privaten Sektor“ der Landwirtschaft so festgesetzt waren, daß sie bei pflanzlichen und tierischen Produkten mit der Betriebsgröße progressiv anstiegen, wurde zusammen mit dem Agrarpreissystem ein Steuerungsmittel des Klassenkampfes auf dem Lande ausgebaut — zumal Nichterfüllung der A. strafrechtliche Verfolgung nach sich zieht (Wirtschaftsstrafrecht) —, das mit der Kollektivierung sein Ziel erreichte. Gegenüber den Normen, die für die einzelbäuerlichen Betriebe vor der Kollektivierung galten, war das Ablieferungssoll der LPG ermäßigt, während das der VEG seit jeher gesondert festgesetzt wird.
Seit der Totalkollektivierung wurde die A. der sozialistischen Landwirtschaftsbetriebe gänzlich auf die Vertragsform verlagert, d.h., sie wird durch Jahresverträge begründet, die von den sozialistischen Landwirtschaftsbetrieben einerseits mit den VEAB und den anderen mit der Erfassung und dem freien ➝Aufkauf beauftragten Betrieben (Molkereien, Zuckerfabriken u.a.) andererseits abgeschlossen werden müssen (VO über die Erweiterung des Vertragssystems mit den LPG vom 28. 1. 1960 und ergänzende Regelungen). Die volle Übereinstimmung dieser Verträge mit dem Volkswirtschaftsplan bzw. dem Plan der Marktproduktion sowie mit den Betriebsplänen der sozialistischen Landwirtschaftsbetriebe ist zwingend. Die gesetzliche A. erstreckt sich also auf die in den zentralen Plänen festgelegten Gesamtmengen des staatlichen ➝Aufkommens. Die Mengenveranlagung der Betriebseinheiten erfolgt durch die von den Produktionsleitungen der Landwirtschaftsräte bestätigten Betriebspläne. Es wird angestrebt, auch die Lieferung tierischer Erzeugnisse aus den persönlichen ➝Hauswirtschaften auf der Grundlage von vertraglichen Gesamtvereinbarungen mit den Vorständen der LPG III zu organisieren. (Rückführungsbetrag)
Literaturangaben
- Merkel, Konrad: Agrarproduktion im zwischenvolkswirtschaftlichen Vergleich — Auswertungsprobleme der Statistik am Beispiel des geteilten Deutschland. Berlin 1963, Duncker und Humblot. 105 S. m. 50 Tab.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 9–10