Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAdW) (1969)
Siehe auch:
- Akademie der Wissenschaften, Deutsche (DADW): 1954
Auf Befehl Nr. 187 der SMAD vom 1. 7. 1946 als DAdW auf der Grundlage der ehemaligen Preußischen AdW (1711 aus der 1700 gegründeten Kurfürstlich-Brandenburgischen Societät der Wissenschaften hervorgegangen) eröffnet. Die VO vom 31. 3. 1949 verdeutlicht bereits die der A. zugewiesene neue Stellung als Forschungszentrum auf naturwiss.-techn. Gebiet, das in das zentrale Leitungssystem eingespannt und zur Planungsbehörde ausgestaltet wurde. Lt. Statut vom 2. 5. 1963 ist die DAdW dem Ministerrat rechenschaftspflichtig. Es wurden für wichtige Gebiete Sektionen gebildet, die u. a. Aufgaben für die Planung und Kontrolle vor allem der Grundlagenforschung übernahmen. In diesen Sektionen arbeiten Vertreter des Fachgebietes aus der A., den Hochschulen und der Praxis zusammen.
Das Präsidium bestand Ende 1967 aus dem Präsidenten (Prof. Dr. W. Hartke), den beiden Vizepräsidenten (Prof. Dr. Hermann Klare und Prof. Dr. Leo Stern), dem Generalsekretär (Prof. Dr. Günther Rienäcker), seinen Stellvertretern (Prof. Dr. Heinrich Grell, Prof. Dr. Robert Rompe), dem Vorsitzenden des Sektionskonsiliums (Prof. Dr. Eberhard Leibnitz) und den Sekretären der sechs Klassen. Das Geschäftsführende Präsidium setzt sich aus dem Präsidenten, den beiden Vizepräsidenten, dem Generalsekretär und seinen beiden Stellvertretern zusammen.
Die DAdW ruht auf drei Säulen: 1. dem Plenum und den Klassen; 2. dem Naturwiss.-techn. und dem Gesellschaftswiss. Forschungsbereich; 3. den Forschungseinrichtungen der Forschungsgemeinschaft (FG) und der Arbeitsgemeinschaft (AG) der gesellschaf tswiss. Institute und Einrichtungen.
Am 31. 12. 1967 betrug die Zahl der Ordentl. Mitglieder 150, die der Korrespondierenden Mitgl. 124. Dazu kamen noch 14 Hospitanten („jüngere geeignete Persönlichkeiten“), die als Gäste der Klassen berufen werden können. Es bestehen 6 Klassen: Mathematik, Physik und Technik; Chemie, Geologie und Biologie; Bergbau, Hüttenwesen und Montangeologie; Medizin; Sprachen, Literatur und Kunst; Philosophie, Geschichte, Staats-, Rechts- und Wirtschaftswiss. Von den 150 Ordentl. Mitgliedern hatten 127 ihren Wohnsitz in der „DDR“ und Ost-Berlin, 22 in der BRD und West-Berlin, 1 in Österreich. Von den 150 Ordentlichen Mitgliedern waren 52 Emeriti.
Am 31. 12. 1966 belief sich die Zahl der in der DAdW Beschäftigten auf 12.714 (davon waren 3.135 Wissenschaftler, 6.394 wiss. Hilfskräfte, 2.265 Betriebspersonal, 920 Verwaltungspersonal). Von den 12.714 in der DAdW Beschäftigten entfielen auf die Forschungsgemeinschaft der naturwiss., techn. und medizin. Institute 10.742,3 vollbeschäftigte Einheiten. Im Berichtsjahr 1964 verausgabte die DAdW rund 233,7 Mill. M an Haushaltsmitteln.
Zum Naturwiss.-techn. Forschungsbereich gehören 17 Sektionen. Die Institute und Einrichtungen der FG (Vorsitzender: Prof. Dr. Hermann Klare) verteilen sich auf 4 Fachbereiche: Physik Nord; Physik Süd; Chemie; Medizin und Biologie. Diesen 4 Fachbereichen sind angeschlossen: 2 Observatorien, 2 Sternwarten, 1 Zentralinstitut (f. Kernforschung), 1 Forschungsinstitut, 44 Institute, 5 Forschungs- und 4 Arbeitsstellen.
Zum Gesellschaftswiss. Forschungsbereich gehören 8 Sektionen und die Zentrale Leitung für Gesellschaf tswiss. Information und Dokumentation bei der DAdW (ZLGID), die für die Entwicklung, Anleitung, Kontrolle und Koordination der gesellschaftswiss. Dokumentation verantwortlich ist, zur AG der gesellschaf tswiss. Institute und Einrichtungen (Vorsitzender: Prof. Dr. Leo Stern) 12 Institute, 9 Arbeitsstellen, die Kommission der Historiker der „DDR“ und der UdSSR und das Komitee f. techn. Hilfsmittel und maschinelle Informationsverarbeitung.
Zentrale wiss. Einrichtungen der DAdW sind das A.-Archiv, der A.-Verlag, die „Deutsche Literaturzeitung für Kritik der internat. Wissenschaft“, „Forschungen und Fortschritte“ (beide Organe werden im Auftrage der AdW zu Berlin, Göttingen, Heidelberg, Leipzig, München und Wien herausgegeben), die Hauptbibliothek der A. sowie die „Monatsberichte der DAdW“. „Forschungen und Fortschritte“ haben mit Wirkung vom 31. 12. 1967 das Erscheinen eingestellt.
Die Wahrnehmung der Vertretung der „nationalen Wissenschaft“ in internationalen Organisationen obliegt mehreren Nationalkomitees. Ferner sind der DAdW mehrere wiss. Gesellschaften angegliedert. Von den Instituten der AG sind hervorzuheben: Das 1962 aus der „Deutschen Kommission“ hervorgegangene Institut für deutsche Sprache und Literatur (Leitung Prof. Dr. Hans-Günther Thalheim) bearbeitet u.a. die Buchstaben A–C der Neufassung des Deutschen Wörterbuches der Brüder Grimm (an den Buchstaben D–F arbeitet die Akademie der Wissenschaften in Göttingen), ein Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache; es bereitet ferner ein Marx-Engels-Wörterbuch sowie ein Goethe-Wörterbuch (in Zusammenarbeit mit den Akademien der Wissenschaften Göttingen und Heidelberg) vor.
[S. 144]Das Institut für deutsche Volkskunde (Direktor: Dr.phil. habil. Reinhard Peesch) soll die „Lebensweise und kulturellen Leistungen der werktätigen Klassen und Schichten des Volkes“ (mit Schwerpunkt auf den„demokratischen Traditionen in der deutschen Volksdichtung“ und der „materiellen Volkskultur“) erforschen. Periodica: „Deutsches Jahrbuch für Volkskunde“ und (zusammen mit Institutionen und Ministerien anderer Länder des Sowjetblocks) „Demos“.
Das Institut für Philosophie (Leitung: Prof. Dr. Georg Klaus) soll u.a. „grundlegende Probleme des dialektischen und historischen Materialismus, besonders unter weltanschaulichen und methodologischen Gesichtspunkten“ und „allgemeine Gesetzmäßigkeiten beim Aufbau des Sozialismus in der DDR, vor allem des Wirkens objektiver und subjektiver Faktoren in der sozialistischen Gesellschaft“ erforschen. Das Institut für Geschichte (Leitung: Prof. Dr. Ernst Engelberg) betreibt neben der „Erforschung und Darstellung der deutschen Nationalgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart“ besonders Forschungsarbeiten zur Geschichte der Arbeiterbewegung.
Das Institut für Wirtschaftswissenschaften (Leitung: Prof. Fred Oelßner) „beschäftigt sich u. a. mit grundlegenden, an der Praxis des sozialistischen Aufbaues und des Kampfes gegen den westdeutschen Imperialismus orientierten Problemen der politischen Ökonomie“.
Im Perspektivplan ist die Gründung neuer Institute bzw. Arbeitsstellen vorgesehen, mit deren Vorbereitung zum Teil schon begonnen wurde. Es handelt sich um die Institute für Weltwirtschaft, Entwicklungsländerforschung, theoretische und angewandte Sprachwissenschaft sowie die Arbeitsstellen für Literaturtheorie und Ästhetik. Eine 1967 errichtete Arbeitsstelle für Anglistik befaßt sich mit Forschungen und Publikationen auf dem Gebiet der modernen englischen Lexikographie.
Im Sommer 1968 wurde Prof. Hermann Klare zum neuen Präsidenten der A. gewählt, der die A.-Reform unter dem Aspekt der „Anforderungen des Klassenkampfes“ (Forum 23/68, S. 5) sieht. Die Bildung von Forschungsbereichen, die die disziplingebundenen Klassen ablösen sollen, ist nahezu abgeschlossen. Künftig soll sich die Forschung „ganz auf die Bedürfnisse des gesellschaftlichen Auftraggebers ausrichten“.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 143–144