DDR von A-Z, Band 1969

Diplomatische Beziehungen (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Das SED-Regime versteht unter Diplomatie eines der wichtigsten Mittel der Außenpolitik, dessen alleinige Aufgabe im Gegensatz zu anderen Mitteln, darin besteht, die außenpolitischen Ziele eines Staates im Zusammenwirken mit anderen Mitteln zu verwirklichen sowie die dafür erforderlichen Wege zu bestimmen. Dies geschieht mit Hilfe offizieller Beziehungen zwischen den Regierungen und mittels kultureller und Handelsbeziehungen, deren Träger sowohl Staatsorgane als auch gesellschaftliche und private Organisationen (Banken, Handelsfirmen, Kirchen) sein können. (Vergleiche hierzu auch „Wörterbuch der Außenpolitik“, Düsseldorf 1965, S. 193 ff.)

 

Die Herstellung offizieller Beziehungen im engeren Sinne wird durch Einrichtung diplomatischer Vertretungen vollzogen. Diese können Botschaften (unter Leitung eines Botschafters), Gesandtschaften (unter Leitung eines Gesandten) oder ständige diplomatische Missionen sein; an deren Spitze steht ein Gesandter, ein Ministerresident oder ein ständiger Geschäftsträger.

 

Alle sozialistischen Länder, einschließlich der DDR, verwenden das seit dem Wiener Reglement (1815) international gebräuchliche und nur geringfügig veränderte System der diplomatischen Rangfolge: Botschafter oder Legat (Nuntius), Gesandter, Ministerresident, ständiger Geschäftsträger. Angehörige der ersten 3 Gruppen werden in der Regel bei den Staatsoberhäuptern akkreditiert, ständige Geschäftsträger, Konsuln und Leiter von Handelsvertretungen, sofern diese nicht einer Botschaft angegliedert sind, dagegen bei den zuständigen Ressortministern für Auswärtiges oder Außenhandel. Die Rangfolge im Diplomatischen Korps hängt vom Datum der Übergabe des Beglaubigungsschreibens ab.

 

Da nach der Gründung der DDR im Diplomatischen Dienst großer Mangel an politisch zuverlässigen Berufsdiplomaten bestand, befanden sich auf wichtigen diplomatischen Posten häufig verdiente Altkommunisten oder Spitzenfunktionäre des Parteiapparates. Heute wird dagegen in zunehmendem Maße der diplomatische Nachwuchs in speziellen Hochschulen, wie dem Institut für Internationale Beziehungen (unter der Leitung von Prof. Dr. Herbert Kröger), der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften „Walter Ulbricht“ in Potsdam-Babelsberg ausgebildet.

 

Im Rahmen gegenseitiger DB. hat die DDR gegenwärtig 19 Botschaften in Albanien (kein Botschafter seit 1961 — Geschäftsträger Sylvester Bernatek), Bulgarien (Johannes Keusch), China (Gustav Hertzfeldt), Jugoslawien (Karl Kormes), Kuba (Dr. Joachim Naumann), Mongolei (Willy Hüttenrauch), Nord-Korea (Georg Henke), Nordvietnam (Dr. Klaus Willerding), Polen (Rudolf Rossmeisl), Rumänien (Ewald Moldt), ČSSR (Peter ➝Florin), Ungarn (Dr. Herbert Plaschke), UdSSR (Horst Bittner), Kambodscha (Dr. Heinz-Dieter Winter), Irak (Hans-Jürgen Weitz), Sudan (Eberhard Feister), Südjemen (Karl Wildau), Syrien (Alfred Marter), VAR/Ägypten (Martin Bierbach).

 

Konsularische Vertretungen besitzt die DDR als Generalkonsulate in fünf Staaten: Burma, Ceylon, Indonesien, Jemen und Tansania. Zusätzliche Konsulate bestehen in Polen (GK in Danzig, K in Breslau), UdSSR (GK in Leningrad und Kiew), Bulgarien (K in Varna), Jugoslawien (GK in Zagreb), Ägypten (K in Alexandria) und Tansania (K in Sansibar).

 

[S. 159]Neben ihrer außenwirtschaftlichen Zweckbestimmung sollen die von der DDR in weiteren 28 Ländern bis auf drei Ausnahmen (Finnland, Guinea, Mali) einseitig errichteten Handelsvertretungen den Boden für eine Aufnahme diplomatischer Beziehungen vorbereiten. Handelsvertretungen auf Regierungsebene, z. T. mit konsularischen Rechten, bestehen in Algerien, Finnland, Guinea, Indien, Libanon, Mali, Marokko, Sambia, Tunesien und Zypern. Handelsvertretungen im Rahmen von Abkommen über Handels- und Zahlungsverkehr (Bankenabkommen) sowie Handelsbüros wurden in Brasilien, Chile, Ekuador, Kolumbien, Mexiko und Uruguay eingerichtet. In Belgien/Luxemburg, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und der Türkei wurden Vertretungen der Kammer für Außenhandel der DDR zugelassen. In Libyen residiert inoffiziell ein Repräsentant der DDR für Wirtschaft und Handel. In Dänemark, Österreich und Schweden existieren Verkehrsvertretungen der DDR.


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 158–159


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.