
Eigentum (1969)
Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1975 1979 1985
Nach kommun. Auffassung ist E. die „ökonomische Kategorie, die die wechselseitigen Beziehungen und die Stellung der Menschen in der Produktion materieller Güter und bei der Aneignung der hergestellten Produkte und der Produktionsmittel ausdrückt“. Die verschiedenen historisch bestimmten Formen des E. zeigen, „wie in der jeweiligen Gesellschaftsordnung die Aneignung vor sich geht, wie das Verhältnis eines Individuums oder eines Kollektivs zu den Bedingungen und den Mitteln der Produktion ist“. Die E.-Verhältnisse werden als die wichtigsten gesellschaftlichen Verhältnisse bezeichnet, weil sie den Charakter aller anderen gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmen. Sie bestimmen ihn entweder als gesellschaftliches E., wo gesellschaftlich produziert und angeeignet wird (im Sozialismus-Kommunismus), oder als Privat-E., wo gesellschaftlich produziert und privat angeeignet wird (Kapitalismus), oder als Arbeits-E., wo privat produziert und angeeignet wird (bei der einfachen Warenproduktion). Die gesellschaftliche Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft beruht auf dem sozialistischen E. (an den Produktionsmitteln). Dieses „zu schützen und zu mehren ist Pflicht des sozialistischen Staates und seiner Bürger“ (Art. 10, Abs. 2 der Verf. vom 6. 4. 1968).
Das sozialistische E. besteht als gesamtgesellschaftliches Volkseigentum, als genossenschaftliches Gemeineigentum werktätiger Kollektive sowie als Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger (Art. 10 der Verf.).
Volkseigentum ist „das Vermögen der DDR, ihrer Organe, Einrichtungen und Betriebe (§ 157 StGB). Es ist also gleichbedeutend mit Staatseigentum. Nach Art. 12 der Verfassung sind die Bodenschätze, die Bergwerke, Talsperren und großen Gewässer, die Naturreichtümer des Festlandsockels, größere Industriebetriebe, Banken und Versicherungen, die volkseigenen Güter, Verkehrswege, Transportmittel der Eisenbahn, der Seeschiffahrt sowie der Luftfahrt, die Post- und Fernmeldeanlagen Volkseigentum. Privateigentum daran ist unzulässig. Die Nutzung und Bewirtschaftung des Volkseigentums kann der Staat jedoch genossenschaftlichen oder gesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen übertragen.
Das genossenschaftliche E. ist durch Sozialisierung des Privat-E. der in den Produktionsgenossenschaften vereinigten Bürger entstanden (Kollektivierung). Das E. gesellschaftlicher Organisationen und Parteien wird seit einiger Zeit als eine besondere Form des sozialistischen E. bezeichnet.
[S. 164]Außer diesen drei Formen des sozialistischen E. wird noch zwischen dem persönlichen E. und dem Privat-E. der Bürger sowie kapitalistischem Privat-E. an den Produktionsmitteln unterschieden.
Das persönliche E. an den Konsumtionsgütern wird in der Verfassung ausdrücklich gewährleistet (Art. 11). Es dient „der Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger“. Objekt des persönlichen E. sind die durch „eigene gesellschaftliche Arbeit“ erworbenen Gegenstände des persönlichen Bedarfs, die „planmäßig zur individuellen Konsumtion im Wege der Einzel-Aneignung zur Verfügung gestellt und aus einer anderen Eigentumsform (Volkseigentum) abgeleitet worden sind“. Objekte des persönlichen E. können auch Grundstücke sein, „soweit sie der Befriedigung eigener Lebensbedürfnisse des Eigentümers dienen“.
Das Privat-E. der einfachen Warenproduzenten (Handwerker, Einzelhändler, Klein- und Mittelbauern) besteht in der Aneignung der Ergebnisse eigener Arbeit. Schließlich gibt es noch die Form des kapitalistischen Privat-E. an Produktionsmitteln, „dessen Eigentümer im Zuge der Entwicklung auf dem Wege über die sozialistischen Genossenschaften (Zwangskollektivierung, Produktionsgenossenschaften) oder die staatliche Beteiligung (halbstaatliche Betriebe) freiwillig ihre historisch überholte Stellung aufgeben“. Wie es in Art. 14 der Verfassung heißt, müssen die Nutzung und der Betrieb privater Wirtschaftsunternehmen gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigen und der Erhöhung des Volkswohlstandes und der Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums dienen.
Das Privat-E. und das kapitalistische Privat-E. sind seit 1945 durch Enteignung stark reduziert worden. Die noch bestehenden Reste dieser Eigentumsformen sollen zur besseren Versorgung der Bevölkerung mit Massenbedarfsgütern während der „Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus“ noch für einige Zeit geduldet werden. Durch das Steuersystem (Steuern, Erbrecht, Erbschaftsteuer) und andere Maßnahmen wird die Neubildung und Vergrößerung kapitalistischen Privat-E. verhindert.
Literaturangaben
- Grünewald, Joachim: Das Eigentum und das Eigentumsrecht in der sowjetischen Besatzungszone (Bonner rechtswiss. Abhandl., 49). Bonn 1961, Röhrscheid. 144 S.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 163–164