DDR von A-Z, Band 1969

Gewerkschaftsleitungen, betriebliche (1969)

 

 

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1975 1979


 

Die BG. sind die Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) und die Abteilungsgewerkschaftsleitungen (AGL).

 

Eine BGL ist die Leitung der betrieblichen Organisation des FDGB. AGL bestehen in den großen Betrieben. Sie haben die Aufgaben der BGL in den Betriebsabteilungen.

 

§ 11,2 des Gesetzbuches der Arbeit bezeichnet die von der Gewerkschaftsorganisation gewählten Vertrauensleute (Vertrauensmann) und die BG. als Interessenvertreter aller Arbeiter, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz im Betrieb. Die BGL nimmt seit 1948 die Stelle der früheren Betriebsräte ein, die für überlebt erklärt wurden. Sie besteht nur aus Mitgl. des FDGB und wird ausschließlich von den FDGB-Mitgliedern im Betrieb gewählt. Eine Vertretung für die nicht im FDGB organisierten Arbeitnehmer gibt es nicht. Die BGL ist an die Beschlüsse des FDGB und der einzelnen Industriegewerkschaften gebunden. Sie ist also im Gegensatz zu den früheren unabhängigen Betriebsräten Weisungen außerbetrieblicher Gremien unterworfen. Nach § 12 des Gesetzbuches der Arbeit sollen die Werktätigen ihr Recht auf Mitbestimmung im Betrieb vor allem durch die BG. verwirklichen. „Die BG. organisieren die schöpferische Mitwirkung aller Werktätigen an der Ausarbeitung und Erfüllung der Pläne sowie an der Leitung des Betriebes und erziehen sie zu einem hohen sozialistischen Bewußtsein (Planung, Mitbestimmung, sozialistisches ➝Bewußtsein). So haben sie vor allem im sozialistischen ➝Wettbewerb die sozialistische ➝Gemeinschaftsarbeit zu organisieren, die Neuererbewegung zu fördern und die Ständigen ➝Produktionsberatungen anzuleiten. Durch die Novelle vom 23. 11. 1966 zum Gesetzbuch der Arbeit wurden die Rechte der BG. erweitert. So können Lohnformen (Lohnpolitik) nur noch im Einvernehmen mit den BG. in Kraft gesetzt werden. Sie können jetzt an den Gesprächen über den Abschluß von Arbeitsverträgen teilnehmen, zu Beurteilungen Stellung nehmen, beim Abschluß von Änderungsverträgen mitwirken und in Personalunterlagen einsehen. Ferner haben sie das Recht, „entsprechend den ökonomischen Möglichkeiten“ Vorschläge zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen im Betrieb zu unterbreiten und Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes vorschlagen, Vorschläge für die Auszeichnung von Werktätigen unterbreiten und die Beseitigung von Mängeln „im Rahmen der Möglichkeiten“ verlangen. Auch können sie bei mangelhafter Erfüllung der Aufgaben, bei Verletzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Mißachtung der Rechte der Gewerkschaften durch Betriebsleiter oder leitende Mitarbeiter von dem übergeordneten Leiter fordern, daß der Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen wird. Das Recht, eine Entscheidung mitzutreffen, haben die BG. bei der Verwendung der Mittel aus dem Lohnfonds, dem Prämien- und dem Kultur- und Sozialfonds. Die BGL ist der Vertragspartner der Betriebsleitung beim Abschluß des Betriebskollektivvertrages (Betriebsverfassung). Trotz der Erweiterung der Rechte der BG. kann wegen der institutionellen Stellung des FDGB und in ihm der BG. von einer echten Mitbestimmung nicht gesprochen werden (Arbeitspolitik)

 

Die BGL bildet verschiedene Kommissionen. So die Kommission für Arbeit und Löhne, die K. für kulturelle Massenarbeit, die Kaderkommission, die Arbeitsschutzkommission, die Feriendienstkommission (Feriendienst des FDGB). In den Privatbetrieben sind den BGL durch die Betriebsvereinbarungen weitgehende Rechte gegenüber dem Betriebsinhaber eingeräumt.

 

Literaturangaben

  • *: Der FDGB. (FB) 1959. 19 S.
  • Mampel, Siegfried: Sozialpolitik in Mitteldeutschland (Sozialpolitik in Deutschland, H. 48, hrsg. v. Bundesmin. f. Arbeit …). Stuttgart usw. 1961, Kohlhammer. 87 S.
  • Mampel, Siegfried: Das Gesetzbuch der Arbeit der Sowjetzone und das Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland — ein Vergleich. 5. Aufl. (hrsg. v. Bundesmin. für Arbeit …). Bonn 1962. 64 S.
  • Mampel, Siegfried: Beiträge zum Arbeitsrecht der sowjetischen Besatzungszone (BMG) 1963. 135 S.

 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 253


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.