Industrieministerien (1969)
Siehe auch:
- Produktionsministerien (auch Fachministerien genannt): 1956
Ein I. ist das staatliche, politische Organ zur zentralen Leitung eines oder mehrerer Industriezweige. Es arbeitet nicht nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung und verfügt über kein eigenes Grund- und Umlauf kapital. Einem I. sind in der Regel mehrere VVB unterstellt (dem Ministerium für bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie zusätzlich die Bezirkswirtschaftsräte), während die I. auf dem Planungssektor wiederum der Staatlichen Plankommission (SPK) unterstehen.
Die Leitung der Industrie war seit 1958 zunächst Aufgabe der SPK, dann von 1961 bis 1965 des Volkswirtschaftsrates. Ende 1965 wurde der VWR aufgelöst; aus seinen Industrieabteilungen entstanden im Januar 1966 acht I.: Ministerium f. bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie (Minister: Erhard ➝Krack), M. f. Chemische Industrie (Minister: Günther ➝Wyschofsky), M. f. Elektronik und Elektrotechnik (Minister: Otfried ➝Steger), M. f. Erzbergbau, Metallurgie und Kali (Minister: Kurt ➝Singhuber), M. f. Grundstoffindustrie (Minister: Klaus ➝Siebold), M. f. Leichtindustrie (Minister: Johann ➝Wittik), M. f. Schwermaschinen- und Anlagenbau (Minister: Gerhard ➝Zimmermann), M. f. Verarbeitungsmaschinen und Fahrzeugbau (Minister: Rudi ➝Georgi). Hinzu kommt das M. f. Materialwirtschaft (Minister: Erich ➝Haase) mit Querschnittsaufgaben, die die Materialversorgung aller I. betreffen.
Die I. sind Organe des Ministerrates, ihre Leiter, die Industrieminister, Mitglieder des MR. Ihre Aufgaben liegen in der Leitung, Koordinierung und Kontrolle der zum jeweiligen Industriebereich gehörenden VVB bzw. direkt unterstellten Kombinate. Zu den Aufgaben zählen:
1. Präzisierung der von der SPK erhaltenen „staatlichen Aufgaben“ für die einzelnen Industriezweige und Übergabe an die VVB zur Ausarbeitung eigener Planentwürfe.
2. Anleitung und Kontrolle der VVB bei der Ausarbeitung ihrer Perspektiv- und Jahrespläne.
3. „Verteidigung“ der zusammengefaßten Planvorschläge ihrer Bereiche vor dem Leiter der SPK.
4. Anleitung der VVB bei der Ausarbeitung langfristiger Prognosen der wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Zweige und Haupterzeugnisse. Gleichzeitig arbeitet das I. eigene Prognosen für den gesamten unterstellten Wirtschaftsbereich aus.
5. Koordinierung der Pläne der wissenschaftlichen Vorbereitung, der Produktions- und Absatzpläne sowie des Investitionsplanes mit anderen Ministerien, besonders mit den Ministerien für Außenwirtschaft und Bauwesen.
Die Struktur der I. richtet sich weitgehend nach den Produktionsstrukturen der unterstellten Industriezweige. Neben reinen Führungsstäben (z. B. „Kader“, „Information und Dokumentation“) existieren gegenwärtig noch Fachstäbe (z. B. „Technik und Ökonomie“) in der Art der Fachabteilungen der Industrieabteilung des aufgelösten VWR. Feste Gremien zur Beratung des Ministers wurden bisher kaum gebildet; es können aber Kollegien als fachlich beratende Organe des Ministers einberufen werden (ohne Weisungsrecht), in denen Grundfragen der Leitung und Entwicklung des [S. 285]Industriebereiches untersucht werden. Sie setzen sich aus Personen zusammen, die über entsprechende Sachkenntnis auf dem betreffenden Gebiet verfügen und nicht unbedingt dem Bereich des Ministeriums angehören müssen, z. B. wissenschaftlicher Beirat beim Ministerium für Verarbeitungsmaschinen- und Fahrzeugbau.
Der Industrieminister ist der unmittelbare Vorgesetzte der Generaldirektoren der VVB. Er hat diese direkt anzuleiten. Zwischen seinem Ressort und den VVB entstehen Beziehungen sehr unterschiedlichen Inhaltes. Es sind nicht nur die in den planmethodischen Bestimmungen geregelten Formen der Planausarbeitung und -bestätigung als der wichtigsten Leitungsform; es bestehen auch speziell geregelte Weisungsrechte in einer Vielzahl von Normativakten, z. B. der Investitionsordnung, der Bilanzordnung, die für den Minister Genehmigungsvorbehalte enthalten, daneben das Recht zum Erlaß von Normativakten bis hin zur Disziplinarbefugnis gegenüber den Generaldirektoren der unterstellten VVB.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 284–285
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