DDR von A-Z, Band 1969

Neuererbewegung (1969)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1975 1979


 

„Massenbewegung“ in den Betrieben der „DDR“, bis 1963 Bestandteil der allgemeinen Produktionspropaganda, seitdem ausgerichtet auf das betriebliche Vorschlagswesen. Ziel der N. ist die massenhafte Beteiligung der Betriebsangehörigen an der Einbringung von Vorschlägen zur organisatorischen Verbesserung des Produktionsablaufes und zur technischen Verbesserung der Produktionsmittel und der Produktionsverfahren. Die an der N. Beteiligten werden als Neuerer bezeichnet. In den Betrieben werden Neuererräte zur Beratung der Betriebsleiter gebildet. Die Neuererräte sollen auch die Neuerer bei der Erarbeitung und Vervollkommnung ihrer Vorschläge unterstützen. Mitglieder sind „erfahrene Neuerer“, Techniker, Meister, Abteilungsleiter und Vertreter der gesellschaftlichen Organisationen, insbes. der Betriebsparteiorganisation der SED und der Betriebsgewerkschaftsleitung. Zur Organisierung der N. gibt es bei den Vereinigungen Volkseigener Betriebe und bei den Räten der Bezirke „Büros für das Neuererwesen“. Auch bei allen zentralen Wirtschaftsverwaltungen gibt es entsprechende Institutionen.

 

Die Aufgaben für die Neuerer eines Betriebes werden alljährlich im Betriebsplan, Planteil Neue Technik, fixiert. Die Aufgaben sind außerhalb der normalen Arbeitspflichten zu lösen. Zur Lösung der Aufgaben werden zwischen Betriebsleitung und Neuerern — die in der Regel in Sozialistischen Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen sind — „Neuvereinbarungen“ abgeschlossen. Überbetrieblich nutzbare Vorschläge werden zum Patent angemeldet.

 

Für nutzbare Verbesserungsvorschläge werden Vergütungen gezahlt. Der Berechnung der Vergütung wird der errechnete oder geschätzte Nutzen eines Nutzungsjahres zugrunde gelegt. Eine Vorvergütung von 150 M ist innerhalb von 30 Tagen seit Nutzungsbeginn zu zahlen, der Rest innerhalb von vier Wochen nach Beendigung des ersten Nutzungsjahres. Die Vergütung an einzelne Einreicher von Vorschlägen oder an Arbeitskollektive — was die Regel ist — kann höchstens 3.000 M betragen. Ingenieurtechnisches Personal und Meister erhalten keine Vergütung, weil deren Leistung im Vorschlagswesen im Rahmen ihrer Arbeitspflichten liegt. Für patentfähige Vorschläge gelten die Bestimmungen des Patentgesetzes. (Patentrecht)

 

Die N. gilt als Beispiel dafür, wie die schöpferische Initiative der Arbeitnehmer geweckt und für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden kann. Den vorliegenden Berichten zufolge nahm die N. folgende Entwicklung:

 

 

Auffällig ist der Rückgang des Anteils der in Benutzung genommenen Neuerungen an der Zahl der eingereichten Neuerungen, was auf eine teilweise Abnahme der Qualität der Vorschläge hinweist. Andererseits ist der Nutzen je verwendbaren Vorschlags erheblich angestiegen. — Über die Höhe der an die Neuerer gezahlten Vergütungen sind bisher keine amtlichen Angaben veröffentlicht worden. Auf Grund der vorliegenden Einzelbestimmungen über die Berechnung der Vergütung kann geschlossen werden, daß in der „DDR“ an Betriebsangehörige für nutzbare Verbesserungs-Vorschläge eine geringere Vergütung gezahlt wird, als das in Betrieben der BRD üblich ist.

 

Kritisch wird vom Amt für Erfindungs- und Patentwesen in Ostberlin vermerkt, daß die Neuerertätigkeit noch überwiegend spontan ist und die Planmäßigkeit zu wünschen übrig läßt. Nur 30 v. H. des Gesamtnutzens der N. kämen durch „Neuerervereinbarungen“ zustande.


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 447


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.