DDR von A-Z, Band 1969

Oberstes Gericht (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Das OG ist das höchste Organ der Rechtsprechung (Art. 93 der Verfassung). Es leitet die Rechtsprechung der Gerichte auf der Grundlage der Verfassung, der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften, sichert die einheitliche Rechtsanwendung durch alle Gerichte und ist der Volkskammer und zwischen ihren Tagungen dem Staatsrat verantwortlich. Das OG ist mit dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und der erforderlichen Anzahl von Oberrichtern und Richtern besetzt. Alle diese Richter werden von der Volkskammer auf Vorschlag des Staatsrates für vier Jahre gewählt. Beim OG bestehen das Plenum, das Präsidium und die Kollegien, in denen die Senate für Straf-, Militärstraf-, Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen gebildet werden. Das höchste Organ ist das Plenum, das zur Wahrnehmung seiner Aufgaben — Leitung der Rechtsprechung — Richtlinien und Beschlüsse mit verbindlicher Wirkung für alle Gerichte erlassen kann. Antragsberechtigt auf Erlaß einer Richtlinie sind der Präsident des OG, der Generalstaatsanwalt und der Minister der Justiz. Der Staatsrat kann dem Plenum den Erlaß von Richtlinien und Beschlüssen empfehlen. Die Richtlinien werden im Gesetzblatt (Teil II) veröffentlicht. Bisher sind 24 Richtlinien ergangen, von denen allerdings ein großer Teil wieder aufgehoben ist. (Strafpolitik)

 

Als das kollektive Organ zur Organisierung der Tätigkeit des OG, insbesondere des Plenums, wird das Präsidium bezeichnet. Da es im Unterschied zum Plenum ständig vorhanden und aktionsfähig ist, ist es das für die Praxis der Rechtsprechung wichtigste Organ. Es hat die Aufgabe, Tagungen des Plenums vorzubereiten und einzuberufen, Richtlinien und Beschlüsse des Plenums vorzubereiten, Beschlüsse mit verbindlicher Wirkung für alle Gerichte zu erlassen, die Tätigkeit der Kollegien des OG zu leiten, die Rechtsprechung der Gerichte und die an das OG gerichteten Eingaben der Bürger auszuwerten sowie über Beschwerden gegen die erstinstanzlichen Beschlüsse des Disziplinarausschusses bei dem OG zu entscheiden. Eine besonders wichtige Funktion ist dem Präsidium schließlich mit der Entscheidung über die Kassation rechtskräftiger Entscheidungen der Senate des OG oder der Präsidien der BG übertragen. Beschlüsse der Plenen oder Präsidien der BG oder Militärobergerichte (Militärgerichtsbarkeit) können vom Präsidium aus eigener Initiative aufgehoben oder abgeändert werden. Es entscheidet auch, wenn ein Senat des OG in einer grundsätzlichen Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Präsidiums abweichen will. Zur Unterstützung bei der Leitung der Rechtsprechung wurde die Inspektionsgruppe gebildet.

 

Dem Präsidium gehören an: der Präsident und der Vizepräsident des OG, die drei Vorsitzenden der Kollegien für Straf-, Militärstraf- und Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen, je zwei Richter aus dem Kollegium für Straf- und Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen und der Leiter der Inspektionsgruppe, insgesamt also zehn Personen, die auf Vorschlag des Präsidenten des OG vom Staatsrat berufen werden. Der Generalstaatsanwalt und der Minister der Justiz können an den Sitzungen des Präsidiums teilnehmen. (Gerichtsverfassung, Rechtswesen)

 

Literaturangaben

  • Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., überarb. Aufl. (BB) 1959. 206 S.

 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 452


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.