
Oder-Neiße-Linie (1969)
Siehe auch:
Demarkationslinie zwischen der „DDR“ und den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten. Beginnt an der Ostsee unmittelbar westlich Swinemünde, verläuft westlich Stettin und südlich davon an der Oder entlang bis zur Mündung der Lausitzer Neiße und folgt dem Lauf der Neiße bis zur tschechoslowakischen Grenze.
Im Febr. 1945 wurde auf der Krim-Konferenz von Roosevelt, Churchill und Stalin eine Entschädigung Polens für die von der SU annektierten polnischen Ostgebiete auf Kosten Deutschlands anerkannt, ohne daß Vereinbarungen über den Umfang des Gebietes getroffen worden wären. Nach Abschnitt IX des Potsdamer Abkommens wurde die diesbezügliche Meinung der Provisorischen polnischen Regierung lediglich „geprüft“, doch „bekräftigten die Häupter der drei Regierungen die Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zur Friedenskonferenz zurück[S. 453]gestellt werden solle“. Ferner ergab die Potsdamer Konferenz darin Übereinstimmung, daß die in Frage stehenden deutschen Gebiete „unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen“. In der Folgezeit wurde von seiten der Westmächte bei jedem diplomatischen Anlaß der vorläufige Charakter der ONL. betont, während Polen und die SU die Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens als endgültige Regelung betrachteten. Polen paßte den Verwaltungs- und Wirtschaftsaufbau den polnischen Verhältnissen an und begann mit einer polnischen Besiedlung der deutschen Gebiete. Bemerkenswert ist u.a. die Tatsache, daß die ONL. in erster Linie ein Produkt der Diskussion zwischen den Kriegsalliierten um die polnische Westgrenze war, die ihrerseits wegen der sowjetischen Ansprüche auf ostpolnisches Gebiet nach Westen verschoben werden mußte („Westverschiebung Polens“).
Die Haltung der SED wandelte sich gegenüber der ONL. im Laufe der Zeit nach den sowjet. Wünschen bis zu ihrer Anerkennung als endgültige „Staatsgrenze“. Am 16. 10. 1945 erklärte z. B. Pieck: „Wir werden alles tun, damit bei den Alliierten die Grenzfrage nachgeprüft und eine ernste Korrektur an der jetzt bestehenden Ostgrenze vorgenommen wird“ („Berliner Zeitung“ Nr. 243 vom 17. 10. 1946). Dagegen heißt es in der Regierungserklärung Grotewohls vom 12. 10. 1949: „Die ONL. ist für uns eine Friedensgrenze …“ Im „Abkommen der DDR mit der Republik Polen“ vom 6. 7. 1950 wird die ONL. als „unantastbare Friedens- und Freundschaftsgrenze“ bezeichnet und damit der Versuch unternommen, die ONL. völkerrechtlich festzulegen.
In der Regierungserklärung der Bundesregierung vom 13. 12. 1966 wurde der „lebhafte Wunsch nach einer Aussöhnung mit Polen“ betont. Darin wurde u.a. ausgeführt: „Aber die Grenzen eines wiedervereinigten Deutschlands können nur in einer frei vereinbarten Regelung mit einer gesamtdeutschen Regierung festgelegt werden, einer Regelung, die die Voraussetzungen für ein von beiden Völkern gebilligtes, dauerhaftes und friedliches Verhältnis guter Nachbarschaft schaffen soll.“
Die Frage der deutschen Ostgrenze ist zu einer Kernfrage einer Friedensregelung mit Deutschland geworden; sie problematisiert insbesondere auch jeden Versuch, die Beziehungen zwischen der BRD und Polen zu verbessern. (Außenpolitik)
Literaturangaben
- Volker, Hagen: Sibirien liegt in Deutschland. Berlin 1958, arani-Verlag. 207 S. (Schildert Terrorlager der SMAD.)
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 452–453