Presse (1969)
Siehe auch:
Die P. ist im kommun. Bereich eines der wichtigsten Mittel zur Massenbeeinflussung (Agitation und Propaganda) und zur Verbreitung der kommun. Ideologie. Die gesamte P., über die eine Postzeitungsliste herausgegeben wird, ist Lizenz-P. Lizenzerteilung: in den ersten Besatzungsjahren durch die SMAD, später durch das Amt für Information, seit 1963 durch das Presseamt beim Vors. des Ministerrats. Zeitungslizenzen erhalten ausschließlich die SED, die Massenorganisationen und die durch die Blockpolitik gleichgeschalteten Parteien. Einzige Ausnahmen: „Berliner Zeitung“ und „BZ am Abend“; Herausgeber: Hermann Leupold, SED. Der „Berliner Verlag“, in dem beide Zeitungen erscheinen, befindet sich im Besitz der Holdinggesellschaft der SED, Zentrag. Sprachregelung erfolgt mit Hilfe langfristiger „Perspektivpläne“, aus denen Quartals-, Monats- und Wochenpläne abgeleitet werden, und täglicher „Argumentationsanweisungen“. Zentrale Lenkungsinstanz ist die Abt. Agitation und Propaganda des ZK der SED, nachgeordnete Instanzen sind das Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrats, die P.-Abt. der zentralen Leitungen der Blockparteien und der Massenorganisationen und die entsprechenden Instanzen in den Bezirken. Die Einheit der Nachrichtenpolitik wird durch den ADN gewährleistet. Von der in der Verfassung (Art. 9) proklamierten freien öffentlichen Meinungsäußerung kann in keinem Falle die Rede sein.
Gegenwärtig erscheinen in der „DDR“ 40 Tageszeitungen mit einer Auflage von 6,5 Mill. Exemplaren. Darunter befinden sich 15 Zeitungen der SED, von denen „Neues Deutschland“ als Zentralorgan der SED zugleich die führende Tageszeitung ist. Eigene Tageszeitungen geben auch die anderen Parteien des Demokratischen Blocks heraus: die LDPD fünf (Zentralorgan: „Der Morgen“), die CDU sechs (Zentralorgan: „Neue Zeit“), die NDPD sechs (Zentralorgan: „National-Zeitung“), die DBD das „Bauern-Echo“. Die größten Massenorganisationen geben ebenfalls Tageszeitungen heraus: der FDGB die „Tribüne“, die FDJ die „Junge Welt“, der DTSB das „Sport-Echo“, die Organisation der sorbischen Bevölkerung in der „DDR“, Domowina, die Zeitung „Nowa Doba“.
Zur Parteipresse der SED gehören außer „Neues Deutschland“ 15 Bezirkszeitungen (Organe der Bezirksleitungen der SED mit Lokalteilen für jeden Kreis), „Tribüne“ des FDGB und „Junge Welt“ der FDJ. Zur P. zählen das Wochenblatt „Neue Deutsche Bauernzeitung“, die Kreiszeitungen und die Betriebszeitungen.
Auflagenhöhe: „Neues Deutschland“ und die Bezirkszeitungen haben eine tägliche Auflage von etwa 4,2 Mill., das Wochenblatt „Neue Deutsche Bauernzeitung“ und die Kreiszeitungen eine Auflagenhöhe von 1,3 Mill., die Betriebszeitungen eine Gesamtauflage von 1,4 Mill. Bei den Auflagen der SED-Presse ist zu berücksichtigen, daß ganze Berufsstände zum Abonnieren von SED-Blättern verpflichtet sind und daß der Abonnentenkreis der „bürgerlichen“ Presse durch Papierzuteilung wirkungsvoll begrenzt wird.
So beläuft sich bei 15 SED-Bezirkszeitungen die Zahl der Kreisausgaben auf 221, während 5 CDU-Bezirkszeitungen nur 20 Nebenausgaben, 4 LDP-Bezirkszeitungen 24 Nebenausgaben und 5 NDPD-Bezirks-Zeitungen 21 Nebenausgaben verzeichnen. Die von den Kreisleitungen der SED und den Kreisausschüssen der Nationalen Front herausgegebenen Kreiszeitungen erscheinen seit 1961 in 216 Kreisen der „DDR“ und seit 1964 in den 8 Stadtbezirken Ostberlins. Sie haben die Arbeit der seit 1954 in den Bereichen der MTS verbreiteten Dorfzeitungen übernommen.
Inhaltlich unterscheiden sich die Zeitungen kaum. Der Nachrichten teil unterliegt in gleicher Weise wie die redaktionellen Meinungsäußerungen der zentralen Lenkung. Auslandsmeldungen dürfen nur vom ADN übernommen werden. Neben den uniform-tendenziösen Nachrichten nehmen umfangreiche Leitartikel, mehrseitige Wiedergaben von Reden der Funktionäre und von Parteibeschlüssen, Kritik und Selbstkritik im Rahmen des kommun. Überwachungssystems, Anprangerungen nicht erfüllter Normen, Aufrufe zu sozialistischen ➝Wettbewerben und Selbstverpflichtungen und gelenkte Leserzuschriften den Hauptraum der Zeitungen ein. Auch der kulturelle Teil wird von den Maximen der Partei bestimmt.
Ebenso wie die Tagespresse sind die Wochenzeitungen, Illustrierten, Magazine und Journale gelenkt. Sie erscheinen in 28 Titeln mit einer Gesamtauflage von 7,7 Mill. Exemplaren. Zu den populärsten gehören die „Wochenpost“ (860.000), die „für dich“ (833.000), die „Trommel“ (410.000), „Funk und Fernsehen“ (1,3 Mill.), das „Magazin“ (425.000) und die Rätselzeitung „Troll“ (325.000).
Auch Fach- und Sport-P. haben einen umfangreichen politischen und ideologischen Teil. Das Fehlen von objektiven Nachrichten und der eintönige Stil und Inhalt der mitteldeutschen P. begründen ein starkes Bedürfnis nach westlicher Publizistik.
Die Verbreitung westlicher P. wird teils als Hetze gegen die „sozialistische Ordnung“ aufgefaßt und mit Zuchthausstrafen bedroht, teils wird sie unterbunden gem. VO zum Schutze der Jugend, da westdeutsche Tageszeitungen als Schund- und Schmutzliteratur behandelt werden. Der journalistische Nachwuchs — soweit er nicht in die [S. 497]Kategorie der Volkskorrespondenten fällt — wird an der Fakultät für Journalistik der Universität Leipzig (Dekan: Prof. Dr. Hermann Budzislawski, SED) ausgebildet. Volontäre dürfen nicht mehr eingestellt werden. „Politisch bewährte“ Kräfte, die von Redaktionen eingestellt werden, müssen ihre Qualifikation in Prüfungen, die der Verband der deutschen Journalisten durchführt, nachweisen.
Literaturangaben
- Herrmann, Elisabeth M.: Die Presse in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 2., überarb. Aufl. (BB) 1962. 180 S.
Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 496–497
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