DDR von A-Z, Band 1969

Strafregister (1969)

 

 

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1975 1979 1985


 

Bis Ende Mai 1953 wurde das St. gemäß der St.-VO vom 8. 3. 1926 bei der für den Geburtsort eines Bestraften zuständigen Staatsanwaltschaft geführt. Auf Grund des § 26 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft vom 23. 5. 1952 erließ der Generalstaatsanwalt am 3. 6. 1953 eine „Anordnung über die Einrichtung eines zentralen St.“ (ZBl. S. 270): „Ab 1. Juni 1953 werden alle in der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden St. zu einem einzigen St. vereinigt, das unmittelbar dem Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik unterstellt wird. Das St. befindet sich in Berlin. Die Anschrift lautet: Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik — Strafregister — Berlin C 2, Littenstraße 16/17.“ § 33 des Staatsanwaltsgesetzes vom 17. 4. 1963 (GBl. I, S. 57) bestimmt: „Das St. der DDR wird beim Generalstaatsanwalt geführt.“

 

Das am 1. 2. 1958 in Kraft getretene „Gesetz über Eintragung und Tilgung im St. — Strafregistergesetz (StRG)“ vom 11. 12. 1957 (GBl. S. 647) wurde durch ein neues St.-Gesetz vom 11. 6. 1968 (GBl. I, S. 273) ersetzt. In das St. werden alle Verurteilungen durch „DDR“-Gerichte und sonstige eintragungspflichtige Maßnahmen eingetragen, gleichgültig, ob es sich bei den verurteilten Personen um „Bürger der DDR“ (Staatsbürgerschaft) handelt oder nicht. Damit greift das Gesetz stark in die Zuständigkeit des westlichen St. ein. Die „beschränkte Auskunft“ aus dem St. ist weggefallen. Die Fristen, nach deren Ablauf ein Strafvermerk getilgt wird, waren schon durch das St.-Gesetz von 1957 ganz erheblich verkürzt worden. Die längste Straftilgungsfrist — bei Freiheitsstrafen von über 5 Jahren — beträgt 10 Jahre. Vorzeitige Tilgung aus dem St. kann der Generalstaatsanwalt anordnen, „wenn der Verurteilte durch sein verantwortungsbewußtes und vorbildliches Verhalten im gesellschaftlichen und persönlichen Leben, insbesondere durch die Achtung der sozialistischen Gesetzlichkeit gezeigt hat, daß er auch künftig seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft gewissenhaft erfüllen wird“ (§ 34 St. Ges.). Auskunft aus dem St. erhalten die Untersuchungsorgane, die Staatsanwaltschaft, die Gerichte, die Dienststellen der Deutschen Volkspolizei, die Dienststellen des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie die Dienststellen des Strafvollzugs.

 

Zu den vom St.-Gesetz erwähnten eintragungspflichtigen Maßnahmen gehört auch der öffentliche Tadel, wenn nicht vom Gericht ausdrücklich festgelegt wird, daß keine Eintragung erfolgen soll. Dasselbe gilt für Einweisung in ein Jugendhaus. In das St. sind auch Verfügungen auf vorläufige oder endgültige Verfahrenseinstellung durch die Untersuchungsorgane und die Staatsanwaltschaft einzutragen, wenn die Einstellung wegen Abwesenheit, Geisteskrankheit oder sonstiger schwerer Erkrankung des Beschuldigten erfolgt, [S. 620]wenn die zu erwartende Strafe neben einer anderen Strafe nicht ins Gewicht fällt, oder wenn die Auslieferung des Beschuldigten an einen anderen Staat erfolgt. Eintragungspflichtige Entscheidungen sind neben dem St. auch dem für den Wohnsitz des Betroffenen zuständigen Wehrpolizeikreisamt mitzuteilen, so daß also auch die VP-Dienststellen eine vollständige Übersicht über gerichtliche und sonstige Maßnahmen gegen die in ihrem Bereich wohnenden Personen erhalten. Registerpflichtige Mitteilungen, die Wehrpflichtige betreffen, sind auch an das zuständige Wehrkreiskommando zu geben. Der Staatssicherheitsdienst hat durchgesetzt, daß die nach den neuen Fristen zu tilgenden Strafvermerke nicht verzichtet, sondern ihm zur Kenntnis zugeleitet werden. Damit hat der SSD die Möglichkeit, im Bedarfsfalle immer wieder einmal auf alte und im St. bereits getilgte Strafvermerke zurückzukommen und ein lückenloses Bild über das Vorleben aller Bürger zu besitzen, wodurch die verkürzten Straftilgungsfristen ihre Bedeutung praktisch wieder verloren haben. (Rechtswesen)


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 619–620


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.